7.2.1 Die Art der Entfernung von abgestorbenen oder lebenden Ästen (Dürrastung oder Grünastung)

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Die Befürchtung, dass die Astabschnittstellen in erster Linie als Eintrittspforte für Pathogene dienen, erweist sich im allgemeinen als unbegründet ausser für die Totastverlierer (Gelinsky, 1933). Bei dieser Baumartengruppe empfiehlt es sich zumindest, die lebenden Äste zuerst abzutrennen und oberhalb einen genügend langen Aststummel zu lassen, so dass sich das schützende Trenngewebe natürlich bilden kann.

Bei der Esche besteht ein gewisses Infektionsrisiko, namentlich hinsichtlich des Eschen-Bakterienkrebses (Pseudomonas syringae), bei der Buche gegenüber des Buchenkrebses (Nectria ditissima) (Hubert und Courraud, 1987), und bei der Douglasie besonders hinsichtlich der Phomopsis-Krankheit (Phomopsis pseudotsugae). Dieses Risiko kann jedoch durch die Astung während der Vegetationsperiode weitgehend verhindert werden (Butin, 1983). Ferner hat Winterfeld (1955) am Beispiel der Buche aufgezeigt, dass keine grossen Unterschiede zwischen der natürlichen Astreinigung und dem künstlichen Abschneiden der Äste bestehen.

Obwohl es eigentlich keine treffenden Gründe gegen das Entfernen von grünen Ästen gibt, stösst die Grünastung in der Praxis immer noch auf wenig bis mässige Akzeptanz. Und dies, obwohl schon Nägeli (1952) bei der Fichte offensichtlich aufgezeigt hat, dass die Verheilung und Überwallung der Wunden, nach der Entfernung von grünen Ästen, besser und schneller vor sich geht als die Überwachsung nach der Entfernung von Totästen. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass bei der Grünastung an der Astansatzstelle noch lebendes Kambium angeschnitten wird, welches durch die Verletzung zur raschen Bildung von Wundgewebe angeregt wird (siehe Abb. 7.1). Dieser Überwallungsprozess verläuft umso besser, je sorgfältiger die Arbeit ausgeführt wird. Genügende Sorgfalt bei der Arbeitsausführung ist also eine wichtige Bedingung. Diese für die Planung und Durchführung der Wertastung grundlegenden Beobachtungen und Erkenntnisse sind durch weitere Untersuchungen (Polge et al., 1973; Lenz et al., 1991) mehrmals bestätigt worden, und deshalb heute kaum mehr umstritten.


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Abb. 7.1: Unterschiede bei der Überwallung von Astabschnittsstellen nach der Astung von abgestorbenen und noch grünen Ästen

(gemäss Nägeli, 1952)

Die Grünastung kann für Totasterhalter generell empfohlen werden. Nichtsdestoweniger muss aber darauf geachtet werden, dass sie auf Astdurchmesser von zwei bis maximal drei cm beschränkt wird, da bei grösseren Wunden das Infektionsrisiko beträchtlich ansteigen kann. Das Risiko, dass fremde Organismen (und darunter vor allem Pathogene) in einen Baum eindringen können, hängt in erster Linie von der Überwallungszeit ab, bis die Wunden vollständig überwallt sind.


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Abb. 7.2: Dauer der Überwallung von grünastungsbedingten Verletzungen am Beispiel der Buche (nach Winterfeld, 1955)

Wie Lenz et al. (1991) gezeigt haben, hängt diese Zeit vor allem vom Durchmesser der Verletzungen ab. Gleichzeitig spielen aber auch die Vitalität und die Wachstumsgeschwindigkeit der Bäume eine Rolle. Bei Bäumen mit einer hohen sozialen Stellung verheilen die Wunden schneller als bei niederen. Im allgemeinen werden für die vollständige Überwallung der Wunden etwa fünf bis sechs Jahre benötigt (siehe Abb. 7.2). In den schweizerischen Versuchen von Nägeli (1952) waren dazu meist sogar nur zwei bis drei Jahre notwendig.