7.1 Gründe für die künstliche Astung

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Das Entfernen der Äste, die sogenannte künstliche Astung (auch Wertastung genannt) stellt eine der Massnahmen dar, welche es erlauben, die Produktion von hochwertigem Qualitätsholz beträchtlich zu verbessern. Im Falle eines auf hoher Wertschöpfung ausgerichteten Waldbaus, gehört die Wertastung daher zweifellos zu den anzuwendenden Massnahmen. Wie bereits aufgezeigt wurde, stellen die Äste für die Verarbeitung sämtlicher Werkhölzer den wichtigsten, d.h. schwerwiegendsten Holzfehler dar. Bei totasterhaltenden Baumarten findet, auch unter den idealsten Bedingungen, die natürliche Astreinigung nicht frühzeitig genug oder überhaupt nicht statt. Deshalb drängt sich bei diesen Baumarten die Notwendigkeit auf, die Äste rechtzeitig auf künstliche Art zu entfernen. Dies gilt mit Ausnahme der Lärche, bei allen Nadelbäumen, und unter den Laubbäumen beim Kirschbaum, der Roteiche, der Pappel und dem Nussbaum.

Die sog. Totastverlierer hingegen besitzen natürliche Mechanismen zur natürlichen Abschottung der dürr gewordenen Äste, nachdem zuerst eine Trennungszone durch Einlagerung von Parenchymzellen im Holz am Ansatz der Äste gebildet wird (Gelinsky, 1933). So können die Pilzorganismen, welche in den Ast eindringen nicht weiter in den Holzkörper eintreten, und wenn der Ast genügend vermorscht ist, fällt er durch das Eigengewicht in einem Stück. Solche Baumarten können also ihre Äste im Gegensatz zu den Totasterhaltern rechtzeitig auf natürliche Weise verlieren. So ist die künstliche Astung für Totasterhalter eine waldbauliche Massnahme, die systematisch ausgeführt werden kann bzw. soll. Ihr Effekt, stellt zweifellos einen der wirksamsten wertschöpfenden Massnahmen im Waldbau dar. Olischläger (1971) misst diesem Effekt sogar noch eine grössere Bedeutung zu als demjenigen der Durchforstungen.

Wird nämlich die Wertastung nach den Regeln der Kunst und im richtigen Zeitpunkt ausgeführt, so ermöglicht sie in der Tat bedeutende Wertsteigerungen. Man erhält so hochwertige Sortimente, z.B. in Form von schäl- oder messerfurniertauglichen Stämmen mit einem astfreien Holzanteil von über 90 % (Beda, 1987), die zu Preisen gehandelt werden, welche, zum Beispiel bei der Fichte, 150 bis 450 % der nicht geasteten Stämme erzielen kann (Olischläger, 1971). Für andere Baumarten kann man ähnliche Preisverbesserungen verzeichnen. So bewirkt nach Hubert und Courraud (1987) die korrekte künstliche Astung entsprechende Wertverbesserungen in der Grössenordnung von 550 % für die Kastanie, 450 % für den Kirschbaum sowie 400 % für die Esche und die Ahorne. Die finanziellen Vorteile dieser Massnahme sind so beträchtlich, dass es sehr erstaunlich ist, dass die Wertastung in der Praxis nicht viel konsequenter und systematischer angewandt wird.

Die Entfernung von Ästen, ob sie nun noch lebend oder bereits abgestorben sind, stellt jedoch einen, wenn auch nicht sehr brutalen, dann doch zumindest künstlichen Eingriff in den Holzkörper bzw. den Assimilationsbereich des Baumes dar. Die künstliche Astung kann demnach gewisse Unannehmlichkeiten mit sich bringen. Im Falle der Abtrennung von lebenden Ästen entsteht einerseits ein gewisser Verlust an Blattmasse; andererseits hat jede Astung Verletzungen des Holzkörpers zur Folge, und stellt Eintrittspforten für Holzverfärbungen und holzfäuleverursachende Pathogene dar. Man muss sich also auch der ungünstigen Auswirkungen eines solchen Eingriffes bewusst sein. Neben dem in erster Linie erwünschten Vorteil der Homogenisierung der Holzstruktur durch die Entfernung von strukturstörenden Fremdkörpern, führt die Wertastung aus holztechnologischer Sicht auch zu keiner Verschlechterung anderer technologischer Eigenschaften. Dies, weil die Wertastung ferner zu einer Erhöhung des Spätholzanteiles, der Faserlänge und der Holzdichte führt, und zudem auch eine Verminderung der Drehwüchsigkeit und des Druckholzes bewirken kann (Keller et al., 1984; Polge et al., 1973). So kann die künstliche Astung nach Polge (1969) in keinerlei Weise als ungünstig bezeichnet werden. Ferner kann man hinzufügen, dass die Abtrennung der lebenden Äste, durch die Förderung der Vollholzigkeit (Keller et al., 1987; Keller et al., 1984) zu einer Verbesserung der Stammform und damit auch zu einer Erhöhung der Holzausbeute in der Sägerei führt. All diese Aspekte tragen dazu bei, dass man die Durchführung der Wertastung nur empfehlen kann. Zahlreiche Untersuchungen aus Sägereien und Furnierwerken bezeugen, dass sowohl Holzfäulen wie auch Holzverfärbungen, die man beide sehr wohl als eine Folge der künstlichen Astung vermuten könnte, bei wertgeastetem Holz nur in sehr geringem Masse auftreten (Zumer, 1966), so gut wie vernachlässigbar sind (Meyer, 1968) oder gar überhaupt nicht vorkommen (Nägeli, 1952).

Ein anderer Holzfehler, der beim Furnierholz, und dabei insbesondere bei Messerfurniersortimenten der Fichte als schwerwiegend zu betrachten ist, ist das Vorhandensein von Harztaschen. Es gibt keinen Hinweis von irgendeinen Zusammenhang zwischen dieser Art von Holzfehlern und der Wertastung (Keller und Thiercelin, 1984). Die Harzausflüsse, die man bei einigen Bäumen nach der Astung beobachten kann, sind nichts anderes als ein natürliches, und im übrigen günstiges Phänomen zur Förderung des Wundverschlusses durch natürliche Substanzen, um den Baum dadurch möglichst schnell vor einer Infektion zu schützen. Im übrigen wird in solchen Fällen das Harz ja immer nach aussen ausgeschieden, was zu keinen Einschlüssen führt (Zumer, 1966; Keller et al., 1984).