6.5.4 Folgewirkungen der Nutzungen

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Bei den flachwurzelnden Baumarten sind die Folgen des Schleppereinsatzes die Gefahr der Entwicklung von Fäulen. Diese kommen entweder durch Wurzelverletzungen oder oberirdische Wunden beim Rücken des Holzes aus dem Bestand. Gegen Holzernteschäden geht es vor allem bei der Fichte darum, vorbeugende Schutzmassnahmen vorzusehen. Es geht primär darum, ein systematisches Befahren der Bestandesfläche durch die Rückefahrzeuge zu vermeiden.

Lange Zeit hat man die Auswirkungen der Ernteschäden unterschätzt. Die systematischen Erhebungen von Butora et al. (1986) bringen eine besorgniserregende Tatsache ans Tageslicht, die man nicht unbeachtet lassen darf. 162 Bestände auf verschiedenen Standorten, welche die unterschiedlichen standörtlichen Verhältnisse der Schweiz gut repräsentieren, wurden jeweils nach Durchforstungsschlägen auf zurückgebliebene Holzernteschäden untersucht. Dabei waren die Ernteverfahren im wesentlichen durch die für die damalige Zeit geltende Technik geprägt, nämlich der Seilzug im Bestand und Rücken mit konventionellem Schlepper. Die Untersuchung dieser Bestände hat ergeben, dass nach einer Durchforstung durchschnittlich 33 % der verbleibenden Bäume schwere Verletzungen aufwiesen. Unter schweren Wunden versteht man solche mit einer Grösse von über 10 cm2, welche bereits als Grenze für einen erhöhte Fäulebefall bezeichnet werden kann.

Diese Schäden sind hauptsächlich auf die Bringung des Holzes (Rückeschäden) zurückzuführen und hängen einerseits von den Schwierigkeiten des Geländes, namentlich der Hangneigung, sowie andererseits vor allem von der Technik der Holzbringung ab. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen auf, dass schon nach einem Eingriff im Mittel 37 % der Auslesebäume Verletzungen aufweisen. Selbst mit der Anwendung von Abwehrmassnahmen, wie etwa der Markierung der Elitebäume und dem Gebrauch von Abweisvorrichtungen aus Metall, weisen noch 20 % der Elitebäume schwerwiegende Holzernteschäden auf.

Wie Tabelle 6.17 zeigt, schont die Holzbringung mit dem Pferd, mit durchschnittlich nur 15% Schäden, den verbleibenden Bestand am ehesten. Hingegen werden beim Rückeverfahren mit dem Bodenseilzug durchschnittlich 33%, und in Schlägen, wo das Holz unter Ausnützung der Schwerkraft direkt auf dem Waldboden den Hang heruntergelassen (gereistet) wird, im Mittel sogar 38% der Bäume des verbleibenden Bestandes beschädigt. Unter solchen Bedingungen lässt sich der begünstigende Effekt von Durchforstungen wirklich bezweifeln. Schönhar (1975), Meng (1978) und Delatour (1972) berichten aus den benachbarten Ländern von Holzernteschäden derselben Grössenordnung.


Tabelle 6.17: Holzernteschäden im verbleibenden Bestand in Abhängigkeit des Rückeverfahrens

Tabelle6.17.PNG


Die Auswirkungen des Maschineneinsatzes erfolgt auf zwei Wegen, durch Schaffung von Verletzungen an Grosswurzeln (> 2cm Durchmesser) und Stammwunden am Holzkörper. Das Fahren der Traktoren verursacht in den Beständen Wurzelverletzungen, indem die Belastung der Räder wenn sie sich den Stammanläufen um weniger als 2 m nähern, zu einem Abscheren der Wurzeln führt. Dies ist besonders bei schon natürlicherweise flachwurzelnden Bäumen wie z.B. der Fichte, sowie auf physiologisch flachgründigen Böden schwerwiegend. Man weiss, dass das Risiko einer Infektion durch pathogene Pilze von der Dicke der verletzten Wurzel abhängt. Die kleinen Wurzeln, mit Durchmesser unter 2 cm, haben normalerweise noch die Fähigkeit, den Infektionsfortschritt zu verhindern (Dimitri, 1983).

Als Erreger sind in diesem Fall pathogene Pilzarten wie der Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum (Fr. Bref. (früher Fomes annosus) bekannt. Sie befallen hauptsächlich Nadelbäume und führen zu schwerwiegenden Wurzel- und Kernfäulen . Die Wurzelfäule ist also die Folge einer Infektion von dicken, lebenden Wurzeln (und nicht von bereits abgestorbenen Wurzeln, wie man früher glaubte). Sie dringt also über die Wurzeln in den Baum ein und breitet sich von unten her, d.h. in aufsteigender Richtung, allmählich im Inneren des Stammes aus.

Wie Shigo (1976) gezeigt hat, versucht sich der Baum durch verschiedene Mechanismen gegen das Eindringen bzw. gegen die Ausbreitung einer Fäule zu wehren. So kann man im Baum verschiedene Zonen bzw. verschiedene Kompartimente erkennen, welche gegenüber Fäulen eine verteidigende Wirkung zeigen, indem sie deren Ausbreitung verzögern oder gar ganz einzudämmen vermögen. So stellt z.B. schon jeder Jahrringmantel für sich ein kleines solches Kompartiment dar, welches die Ausbreitung einer Fäule in radialer Richtung zu bremsen vermag. In tangentialer Richtung stellen v.a. die Markstrahlen ein gewisses Hindernis dar.

Zu den statischen Resistenzeigenschaften gehört an erster Stelle die natürliche Dauerhaftigkeit des Holzes, die bei den einzelnen Baumarten unterschiedlich ist. Bei einigen Laubbaumarten und der Föhre ist es im wesentlichen das Vorhandensein von obligatorisch verkerntem Holz, welches eine Fäule aufhalten kann. Im Gegensatz dazu lässt sich aber fakultativ verkerntes Holz leichter von einem Pilz erobern, was z.B. bei der Fichte der Fall ist.

Nach einer Infektion hat ein Baum verschiedene Möglichkeiten, aktiv zu reagieren: So kann durch Imprägnierung bereits vorhandenen oder durch Neubildung besonders widerstandsfähigen Gewebes das noch gesunde Gewebe von befallenen oder geschädigten Bereichen abzuzgrenzen. Im bestehenden Holz entsteht eine Reaktionszone, welche einen Wund- oder Fäulebereich einschliesst oder abgrenzt und welche auch mit Phenolen und Monoterpenen angereichert sein kann. Beim Laubholz erfolgt die Imprägnierung von bereits bestehendem Gewebe z.B. durch die Einlagerung von Thyllen. Um eine offene Verletzung so rasch wie möglich zu verschliessen, reagiert das Kambium am Rand der Wunde mit der Bildung von Narbengewebe, welches zur allmählichen Überwallung der Wunde führt, was allerdings mehrere Jahre dauern kann (siehe Abb. 6.18).


Abb6.18.PNG

Abb. 6.18: Schematische Darstellung des Eindringens von Fäulen infolge von Nutzungswunden und die Verteidigungsmechanismen der Pflanze.

nach Shigo, (1967); in: Butin, (1983)

Je nach Baumarten sind die um- oder neugebildeten Gewebe und damit auch die verschiedenen ausgeschiedenen Substanzen mehr oder weniger wirksam im Kampf gegen die Ausbreitung der Fäule: So besitzt die Tanne, mit ihrer Fähigkeit traumatische Harzkanäle zu bilden, abgesehen von ihrem eventuellen Nasskern, der ihr eine zusätzliche Widerstandsfähigkeit gegen Kernfäulen verschafft, gegenüber der Wurzelfäule ein besseres Abwehrsystem als die Fichte und die Lärche (beides wurzelfäuleempfindliche Arten) oder die Föhre und die Douglasie, welche eine mittlere Empfindlichkeit gegenüber Wurzelfäule aufweisen.

Bei der Fichte dringt die Wurzelfäule, die durch Heterobasidion annosum und andere Pilzarten verursacht wird, in die zentralen, verkernten Teile der Wurzel und anschliessend auch des Stammes vor. Sie führt dort zu einer sogenannten Kernfäule, welche in diesem Fall auch als Rotfäule bezeichnet wird. Funktionell handelt es sich dabei (paradoxerweise) um eine Weissfäule, da sie zu einer Zersetzung des Lignins, also des Stützgewebes des Holzes, und damit zu einer allmählichen Verringerung der Widerstandsfähigkeit des Holzes führt. Diese Rotfäule wird auch als trockene Fäule bezeichnet.

Im Gegensatz dazu wird die Fäule, die der Hallimasch (Armillaria mellea (spez.) Karst.) verursacht, als Nassfäule bezeichnet. Da die Kernfäule, die durch den Hallimasch verursacht wird, nicht so schnell fortschreitet und im allgemeinen auf die Wurzeln und die Stammbasis beschränkt bleibt, spricht man hier auch von einer Stockfäule. Aus der Sicht der Holzentwertung ist sie weniger schwerwiegend als die Fäule, welche durch den Wurzelschwamm hervorgerufen wird. Eine Rotfäule durch den Wurzelschwamm stellt eine schwerwiegende Holzentwertung dar, da sie den wertvollsten Teil des Stammes in stärkstem Masse beeinträchtigt. Da sie und ihre Eintrittspforte nicht sichtbar sind, sind sie am stehenden Stamm sehr schwierig festzustellen.

Andererseits muss man Holzfäulen, die sich in Folge einer oberirdisch entstandenen Verletzung gebildet haben, unterscheiden. Sie entstehen i.d.R. als Folge eines komplexen Sukzessionsprozesses unter Mithilfe anderer Mikroorganismen (Shigo, 1967). In diesem Prozess der sukzessionalen Besiedelung des Holzes sind es Hefepilze, Bakterien und andere niedere Pilze, welche als erste ins Holz eindringen. Sie bereiten das Feld für die Besiedlung durch höhere Pilze, insbesondere der Gattung Stereum (Schichtpilze) vor. Jene dringen einige Tage später in die Verletzungen ein, wobei bis zur Infektion einige Monate vergehen können.

Das Risiko einer Infektion über Verletzungen, wo das Holz ungeschützt freiliegt, hängt massgeblich von der Grösse der Wunde ab. Man stimmt heute überein, dass das Infektionsrisiko gegeben ist, wenn das flächige Ausmass einer Wunde die Grösse von 10 cm2 übersteigt. Ebenfalls entscheidend ist dabei die Nähe bzw. die Entfernung einer Verletzung zur Bodenoberfläche. Je näher bei der Bodenoberfläche sich eine Verletzung befindet, desto grösser ist das Risiko einer Infektion des Baumes. Das ist der Grund, weshalb die Rückeschäden, und dabei besonders jene an den Wurzelanläufen, viel schwerwiegender sind als die Fällschaden.

Auf diese Weise infizierte Verletzungen führen i.d.R. nur zu einer lokalen Holzfäule mit einer beschränkten Ausdehnung. Im allgemeinen kommt die Ausbreitung einer Holzfäule zum Stillstand, wenn die Wundstelle vollständig überwallt und damit wieder geschlossen ist; wodurch jedoch im Holz trotzdem eine Fäuletasche zurückbleibt (Dimitri, 1983). Dies gilt, solange nur das Splintholz von der Fäule erfasst wurde. In solchem Fall sind die Konsequenzen, sowohl für den Baum wie auch aus der Sicht der Holzentwertung, weniger gravierend als im Fall einer sich ausbreitenden Wurzelfäule.

Wenn jedoch auch das Kernholz infiziert wird, so kann die als Folge einer oberflächlichen Verletzung entstandene Wundfäule ebenfalls zu einer eigentlichen Kernfäule ausarten. Dies ist v.a. bei tiefgreifenden Verletzungen und in gealterten Beständen, wo der Splintholzanteil der Bäume immer kleiner wird, der Fall. Eine auf diese Weise entstandene Kernfäule unterscheidet sich in ihrer weiteren Entwicklung und in ihren Folgen praktisch nicht mehr von einer Kernfäule, durch Wurzelverletzungen verursacht.

Das Risiko von holzentwertenden Fäulen hängt also einerseits vom Alter der Bestände und von der Grösse der Verletzungen ab, andererseits sind aber auch die Fähigkeiten der einzelnen Bäume, eine Infektion abzuwehren, von Bedeutung. So ist nach Dimitri (1983) in sehr jungen Fichtenbeständen das Risiko von Infektionen durch Fäulepilze sehr gering. In Beständen unter 40 Jahren ist das Infektionsrisiko sogar praktisch gleich null, steigt danach aber beträchtlich an.

Die Bedeutung der Schäden, welche auf oberflächliche Verletzungen durch die Holzbringung zurückgehen, ist zwar nicht so gross wie diejenige der Schäden infolge der Wurzelfäulen. In ihren Auswirkungen sind aber auch die Holzentwertungen infolge von oberflächlichen Verletzungen nichtsdestoweniger besorgniserregend. So kann man schätzen, dass die Folgen eines einzigen Eingriffes, Holzwertverluste in der Höhe von 12% verursachen. Meng (1978) schätzt für die jährlichen, fäulebedingten Verluste an Holzvolumen für Baden-Württemberg Werte der Grössenordnung von 10 bis 14 % der Hiebsätze.

Graber (1994, 1996) hat in einer breit angelegten Studie über Ausmass der Rotfäule in der Schweiz die reellen Verluste in Fichtenbeständen (Abb. 6.19) gezeigt. Die Schäden haben wirtschaftlich zwei Formen. Das entwertete Rotholz (Nagelfest) lässt sich zu verminderten Preise noch verkaufen. Das Faulholz bringt praktisch Totalverlust, lässt sich höchstens als Industrie- oder Brennholz noch verwerten. Das Ausmass der Schäden nimmt mit dem Bestandesalter deutlich zu.


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Abb. 6.19: Entwertung der Holzproduktion von Fichtenbeständen durch Fäulen. Abschnittslängen von Rotholz und Faulholz in Abhängigkeit des Bestandesalters.

(nach Graber, 1995)

Die Ablösung des Pferdes durch den Forsttraktor als Rückemittel brachte zwar eine deutliche Verbesserung in Form einer deutlichen Senkung der Rückekosten. Man kann aber berechnen, dass diese Verbesserungen durch einen Anstieg der fäulebedingten Verluste, in einem Verhältnis von 2,5 wieder weitgehend negativ kompensiert werden (Schütz, 1985). Der sogenannte Rationalisierungseffekt, den man sich durch die Mechanisierung der Holzernte erhofft, ist also in Wirklichkeit kontraproduktiv. Damit ist in jedem Falle bei gesamthafter ökonomischer Betrachtung nicht diejenige Maschine am rationellsten, welche aus der Sicht der Holzerntekosten am leistungsfähigsten ist, sondern diejenige, welche bei möglichst niedrigen Kosten eine möglichst schonende Holzernte erlaubt.

Die Untersuchungen von Graber (1995) zeigen, dass der Standort eine gewisse Rolle spielt. Wie Abb. 6.20 zeigt, führen gutwüchsige Standorte zu grösserem Befallrisiko als etwa kalkreiche Buchenwaldstandorte.

Als weitere Einflussgrössen für die Entstehung und Entwicklung der Fäulen fand Graber (1995) :

  • Bestandesalter. Es ist eine deutliche Zunahme der Schäden ab 40 Jahren feststellbar
  • Begründungsart : Bei Naturverjüngung ist deutlich weniger Befall vorhanden
  • Schattenwuchs : Bei Pflanzung unter Schirm entwickeln sich später wesentlich weniger Fäulen * Mischung : mit Tanne ergeben sich weniger Fäulen, mit Buchen mehr


Abb6.20.PNG

Abb. 6.20: Einfluss des Standortes über die Gefahr von Rotfäulebefall bei der Fichte. Rotkernhäufigkeit in Abhängig¬keit des Bestandesalter von repräsentativen Standortsein¬heiten.

nach Graber (1995)

  1. saure Buchenwälder (EK 1, 6, 46)
  2. eutrophe Buchenwälder (EK 7)
  3. eutrophe Buchenwälder, montan (EK 8)¨
  4. kalkreiche Buchenwälder (EK 9, 12, 29)

Auswirkung der Durchforstungsstärke auf Rotfäule

Abgesehen von der Tatsache, dass die Rotfäule die jungen Fichtenbestände unter 40 Jahren noch nicht stark zu gefährden scheint (Dimitri, 1983), ist die Anzahl der von der Rotfäule von Heterobasidium annosum (Wurzelschwamm) befallenen Bäume von der Intensität der Durchforstungen abhängig. Dies bezeugen die Beobachtungen von Bryndum (1969) in den bereits erwähnten dänischen Fichten-Durchforstungsversuchen von Gludsted (siehe Abb. 6.21).


Abb6.21.PNG

Abb. 6.21: Rotfäule im Fichten- Durchforstungsver¬such Gludsted (Dänemark) im Alter 70 nach Durch¬forstungsart und –grad.

nach Bryndum (1969)

Nach einer anfänglichen Zunahme nimmt die Anzahl der befallenen Bäume bei einer sehr kräftigen Eingriffspraxis allerdings wieder ab. Dies lässt sich dadurch erklären, dass in schwach durchforsteten Beständen die Verletzung entsprechend der kleineren Zahl der Baumentnahmen geringer ausfallen. In starken Varianten sind die Abstände zwischen den verbleibenden Bäumen derart breit, dass Kollisionen beim Rücken der Baumentnahmen entsprechend geringer sind. Der Bekronungsgrad bzw. Vitalitätsstand der Bäume scheinen keinen wesentlichen Einfluss auszuüben, wie die Ergebnisse von Graber gezeigt haben.

Massnahmen zur Abwehr von Fäulen

Durch verschiedene Massnahmen ist es möglich, die schwerwiegenden Nachteile der Pflegeeingriffe in akzeptablen Grenzen zu halten (Dimitri, 1986). Eine wichtige Möglichkeit liegt, erneut, in der Wahl der Baumarten. Dabei sind die Baumarten mit einer dünnen Rinde, wie etwa die Fichte oder die Buche, besonders anfällig auf Holzernteschäden (Dimitri, 1983; Knorr, 1980). Es bestehen ebenfalls gewisse Möglichkeiten in der Wahl der Provenienzen. Nach Dimitri (1980) scheinen nämlich bei der Fichte gewisse Provenienzen zu geben, welche offensichtlich weniger anfällig auf Fäulen sind als andere.

Durch eine Reihe von präventiven, organisatorischen und anderen Massnahmen, wird es möglich, die Ernteschäden merklich einzuschränken. Wie dem auch sei, so steht jedenfalls fest, dass die Produktion von Qualitätsholz mit einer schonenden Holzernte einhergehen muss, welche durch qualifiziertes (d.h. gut ausgebildetes) Personal und unter der Verwendung von angemessenen Maschinen ausgeführt werden muss.

Weil das Fäulerisiko bzw. die Fäuleanfälligkeit von Beständen mit deren zunehmendem Alter ansteigt, müssen auch die Pflege- bzw. Durchforstungseingriffe mit zunehmendem Alter immer behutsamer ausgeführt werden. Deshalb empfiehlt es sich, die erzieherischen Eingriffe im Rahmen des Möglichen auf die Jugendphasen der Bestände zu konzentrieren, wo sowohl die Verletzungsgefahr wie die Grösse der einzelnen Verletzungen geringer ist, und entsprechend auch die Infektionsgefahr weniger gross ist.

Im Falle des Einsatzes des Vollernters, auch wenn diese Technologie als bestandes- und bodenschonender gilt als der Seilzug mit Traktor, entstehen Bestandesschäden (siehe Abb. 6.22). Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Einsatz während der Vegetationsperiode erfolgt. Eine genügend dichte Feinerschliessung (Abstand: 30 m, entspricht etwa zwei Kranlängen) ist entsprechend angebracht. Weil die Maschine in der Arbeitsgasse herumschwenkt, ist eine grössere Breite des Feinerschliessungssystems anzustreben als beim Schleppereinsatz. Die Gefahr einer Destabilisierung der Bestockung ist dabei nicht zu unterschätzen.


Abb6.22.PNG

Abb. 6.22: Ernteschäden infolge des Vollerntereinsatzes, dargestellt in Abhängigkeit der Distanz zur Arbeitsgasse. Gilt für einen mittleren Vollernter Typ FMG 990 Lokomo.

nach Lüthy & Thees, (1992)

Weitere organisatorische Abwehr gegen Ernteschäden sind:

  • Es sollen angemessene Rückefahrzeuge, wie zum Beispiel Forsttraktoren mit funkgesteuerten Seilwinden verwendet werden.
  • Die Arbeiten sollen von gut ausgebildetem Personal in Regie (d.h. im Stundenlohn) ausgeführt werden.
  • Die Fäll- und insbesondere die Rückearbeiten sollen während der Vegetationsruhe und bei möglichst günstigen Bedingungen durchgeführt werden.
  • Die Arbeiten und besonders deren Ergebnisse sollen kontrolliert und hinsichtlich deren Qualität bewertet werden. Für schonungsvoll ausgeführte Arbeiten können Qualitätszulagen gewährleistet, d.h. vereinbart werden.
  • Eine Markierung der Auslesebäume zeigt klar, auf welche Bäume besonders Rücksicht genommen werden muss. Die Markierung ist gut sichtbar, aber nicht auf permanente Art und Weise anzubringen. Um eine Entfremdung des natürlichen Waldbildes zu verhindern, soll auf die Verwendung von nicht natürlich abbaubaren Materialien, wie etwa Plastikbänder, verzichtet werden.
  • An besonders gefährdeten Stellen (z.B. bei Änderungen der Rückerichtung oder in den Einmündungsbereichen von Rückegassen) lohnt es sich, die Auslesebäume durch angemessene Schutzvorrichtungen (z.B. Abweisstangen aus Holz, Asthaufen oder auch Abweisvorrichtungen aus Metall) vor Beschädigungen zu schützen.
  • Durch eine Organisation des Holzschlages erreicht man, neben einer bedeutenden Verringerung der Unfallgefahr, dass die Bäume, notfalls unter Verwendung von Seilzugvorrichtungen, in eine günstige Richtung gefällt werden können, was einerseits die Schäden am verbleibenden Bestand verringert und andererseits die Aufrüst- und Rückearbeiten erleichtert.
  • Auch die eigentliche Rückearbeit soll organisiert sein und, zum Beispiel durch die Verwendung von Umlenkrollen, mit der notwendigen Sorgfalt ausgeführt werden.

Letztendlich darf man sich trotz Anwendung der besten vorbeugenden Schutzmassnahmen keine allzugrossen Illusionen machen. In einem gewissen Ausmass wird man bei jeder Holzerei mit Holzernteschäden zu rechnen haben. Wenn nun diese Schäden entstehen, so ist es durchaus angebracht, durch eine angemessene Wundbehandlung wenigstens das Infektionsrisiko zu verringern.

Die Behandlung von holzerntebedingten, und dabei namentlich durch Rückeschäden verursachten Verletzungen

Man weiss heute, wie an holzerntebedingten Verletzungen der Infektionsprozess durch Pathogene abläuft. Dadurch wird es möglich, bei entstandenen Verletzungen durch die Anwendung von geeigneten Massnahmen eine gewisse Abhilfe zu schaffen. Seit den Arbeiten von Shigo (1967) und Dimitri (1983) ist bekannt, dass sich der Infektionsprozess (von der Verletzung bis zur Holzfäule) in einer Art von Sukzession abspielt. Dabei dringen als erstes niedrige Mikroorganismen in die Verletzung ein. Es handelt sich um Bakterien, Hefepilze und niedere Pilze, welche noch keine pathogene Wirkung haben. Sie führen auch noch nicht zu einer eigentlichen Fäule, sondern bereiten in gewissem Sinne das Terrain für eine Infektion durch höhere Pilze vor. Letztere dringen erst einige Tage oder gar erst einige Wochen nach der Entstehung der Verletzung in die Wunde ein; wobei sie sich erst einige Monate später zu einer eigentlichen Holzfäule entwickeln (Dimitri, 1983). Die Infektion und die Entwicklung der Fäulen findet bevorzugt an den Rändern der Wunde statt; dies ist vor allem dann der Fall, wenn diese Wundrandbereiche Risse, Rindenreste oder Partien aufweisen, in denen das Holz gequetscht oder aufgerissen ist. Kurz gesagt sind vor allem diejenigen Stellen infektions- und fäulegefährdet, an denen eine gewisse Feuchtigkeit aufrechterhalten bleibt. Die Abb. 6.23 zeigt das Ergebnis eines solchen Infektionsprozesses.

Der erste Schritt der Wundbehandlung ist die Vorbereitung der Wunde (Schumann, 1985). Es geht dabei darum, die Umrandung der Wunde mit einem geeigneten Werkzeug, z.B. einem gut geschliffenen Messer oder einem speziellen Hohlmeissel freizuschneiden. Dadurch soll erstens der Überwallungsprozess angeregt und zweitens die Entstehung von Bereichen mit erhöhter Feuchtigkeit vermieden werden. Unter Verwendung eines Messers oder einer Metallbürste, werden noch vorhandene Rindenreste von der Wundoberfläche entfernt, sowie diejenigen Partien sorgfältig herauspräpariert, in denen der Holzkörper aufgerissen oder gequetscht ist.


Abb6.23.PNG

Abb. 6.23: Bevorzugte Stellen der Infektion und Fäuleentwicklung an einer holzerntebedingten Stammverletzung.

(nach Schumann, 1985)

a intakte Rinde
b ursprüngliche Breite der Verletzung :c bereits überwallter Bereich
d Schutzschicht
e Holzverfärbung
f beginnende Holzzersetzung
g Bereiche mit noch anhaftenden Rindenresten


Anschliessend können die Wunden mit einem geeigneten Wundverschlussmittel angestrichen werden. Die Arbeit wird am besten so schnell wie möglich nach der Rückearbeit durchgeführt. Wenn es möglich ist, soll die Wundbehandlung noch am selben Tag, an dem die Wunde entstanden ist, oder sonst zumindest in den darauffolgenden Tagen durchgeführt werden. Regnerisches Wetter und Frost sind dabei jedoch zu meiden. Der Schutzanstrich bietet allerdings keinen absoluten Schutz vor einer Infektion. Nach Schumann (1985) verleiht eine solche Behandlung in etwa 60 % der angewendeten Fälle einen effektiven Schutz. Diese nicht unbedingt überaus hohe Erfolgsrate ist ein weiterer Grund für die möglichst konsequente Anwendung der vorbeugenden Schutzmassnahmen.

In Wäldern, in denen das Holz mit dem Seilkran gerückt wird, besteht das Feinerschliessungsnetz aus permanenten Seillinien. Bei den hier zu befürchtenden Holzernteschäden handelt es sich vor allem um Stammverletzungen. Obwohl Beschädigungen der Wurzeln oder des Waldbodens bei der Holzernte mit dem Seilkran kaum zu erwarten sind, versucht man auch hier die Auswahl von Auslesebäumen direkt entlang der Seillinien zu verhindern.