6.5.3 Kostenwirksamkeit und Maschineneinsatz

Aus Wiki Waldmanagement
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zum Inhaltsverzeichnis

Die lohngebundenen hohen Kosten haben unmittelbaren Einfluss auf die Form der Jungwald-behandlung und entsprechend der Pflegekonzepte. Nebst den Kosten für die Holzernte fallen die Kosten für Jungbestandespflege an zweiter Stelle der forstlichen Betriebsabrechnung. Darunter haben die Kosten für die Pflege von Stangenhölzern den grössten Anteil. Bei motormanueller Nutzung liegt der Grenzdurchmesser, bei welchem noch kostendeckende Ernte möglich ist, bei einem BHD von ca. 25 cm für Fichte und 30 cm für Laubholzarten. Redu-zierungen dieser Pflegekosten lassen sich in unterschiedlicher Art überlegen:

  • gleiche Intensität der Jungwaldpflege wie bisher, aber:
    • Bäume im Bestand liegen oder sogar stehen lassen, nach einfachem vertikalem Schrägschnitt
    • Devitalisierung der Konkurrenten durch Ringeln
  • Veränderung der Intensität: Neue pflegebewusste Behandlungskonzepte mit z.B. situativen Eingriffen und Förderung der biologischen Rationalisierungen
  • Verschiebung der Wuchsregelung in Dimensionen mit besserem Kostendeckungsbeitrag
  • Integration aller Rationalisierungsmöglichkeiten: technischer und biologischer Art

Der Einsatz von Vollerntern lässt heute eine enorme Effizienzsteigerung der Arbeit in einem Verhältnis von 2 bis 2,5 mal erwarten (Pfleiderer, 1998). Die Nutzungskosten pro m3 werden gegenüber der bisher klassischen motormanuellen Nutzungstechnik um 50 % günstiger (Thieme, 1999; Feller et al., 1997, Weixler et al, 1997). Somit erlauben solche Maschinen, den Grenzdurchmesser bezüglich Kostendeckungsgrad auf eine BHD-Grenze um 20-25 cm herunterzudrücken. Dies wird oftmals als Hoffnungschimmer für die Weiterführung von intensiver Jungwaldpflege im bisherigen Umfang gesehen. Mit einer situativen Orientierung der Pflegemassnahmen sowie weiteren gezielten Massnahmen zur Effizienzsteigerung mit motormanuellen Nutzungstechniken (grobe, einfache Zerlegung der genutzten Konkurrenten oder vertikaler Schrägschnitt) erreicht man allerdings Rationalisierungen in ähnlichen Grössenordnungen. Weil doch einige Unterschiede zwischen maschineller und biologisch rationeller Jungwaldpflege bestehen, soll kritisch hinerfragt werden, ob der Einsatz der Maschinen nach wie vor angebracht ist, oder ob nicht andere Pflegekonzepte weiterzuentwickeln sind.

Zuerst muss festgehalten werden, dass der Einsatz von Vollerntern im wesentlichen für den günstigsten Fall der Behandlung von Fichtenreinbestockungen auf grossen Flächen und gute Befahrbarkeit gilt. In Wirklichkeit löst die neue Technik nicht alle Probleme, sondern führt neue ein. Die hauptsächlichen sind:

  • Einsatzbereich:
    • bis Hangneigungen von 40 % für Radharvester
    • bis Hangneigungen von 60 bis 70 % für Raupenharvester, aber nur auf tragfähigen Böden (Denninger, 1998)
  • Beste Leistung in gleichförmigen Koniferenbestockungen. Bei Laubhölzern ist die Wirksamkeit um etwa 30 % geringer (siehe Abb 6.16)
  • Arbeitseinsatz bedarf eines Systems von genügend breiten Rückegassen, was in Jungbestockungen zu Destabilisierungseffekten führen kann

Die technischen Fortschritte sind grundsätzlich zu begrüssen. Sie erlauben es, ergonomisch günstig, arbeitssicher, erntetechnisch und ökonomisch effizient zu arbeiten. Aus diesem Grunde ist der Einsatz von Vollernter zu befürworten, sofern dieser nicht durch andere Gesichtspunkte, wie das grundsätzliche Anstreben von differenzierten und strukturierten Bestockungen, z.B. aus Gründen der Naturnähe und der standörtlichen Eignung eingeschränkt wird.

Aus waldbaulicher Sicht wird also von der Technik in erster Linie nicht die maximale Rendite, sondern Arbeitssicherheit und ergonomisches Vorgehen erwartet und dies in Kompatibilität mit den übergeordneten Zielen einer naturnahen, dezentralen Waldbehandlung. Weil die Möglichkeiten der technischen Rationalisierung, d.h. des Maschineneinsatzes im Kontext der Geländetauglichkeit nur auf begrenzten Flächenanteilen überhaupt zur Anwendung kommen können, sind wir ohnehin gezwungen, vorrangig nach Möglichkeiten zur Umsetzung von biologischen Rationalisierungsmassnahmen zu suchen. Für schweizerische Geländeverhältnisse wird der Einsatz von Vollerntern auf nur 30% der Waldfläche (für Fichtenstarkholz) geschätzt, aufgrund der LFI-Daten und Bodeneignungseigenschaften (Hofer et al. 2000). Für die Region Jura sind es 47 % und für das Mittelland 55 %.


Abb6.16.PNG

Abb. 6.16: Leistung eines Vollernters für Nadel- und Laubholzdurchforstungsbe¬stände in mittlerer Baumholzstufe. Reine Arbeitszeit pro Baum (RAZ) in Abhängigkeit des Brusthöhendurchmessers. Maschine FMG 990, Lokomo, Bestand Bern

nach Lüthy & Thees (1992)

Die Fragen, die der Waldbau an die Maschine stellt, können folgendermassen zusammengefasst werden:

  • Einsatz in Laub-, Misch- und strukturierten Bestockungen. Dies ist durchaus vorstellbar, allerdings nicht mit der gleichen Wirkungsverbesserung wie in Plantagenwäldern.
  • Möglicherweise nicht unbedingt Maschineneinsatz für Erstdurchforstungen, sondern eher für Nutzungen stärkerer Dimensionen, weil biologische Rationalisierungen dahin führen, die biologische Produktion mehr selbsttätig zu gestalten bzw. mit anderen Mitteln als Baumentnahmen zu steuern.
  • Einsatz in Verjüngungshieben mit einer zeitlichen wie örtlichen Staffelung des Verjüngungsvorganges.
  • Gerade bei erhöhten Hangneigungen sind die Folgeschäden an Boden und Bestand nicht unerheblich. Desgleichen dürfte die Stammzahldichte der Bestockungen zukünftig eine wichtige Einschränkung für den optimalen Einsatz der Maschinen darstellen, weil für stammzahlreiche Jungbestände die Arbeitsorganisation mit dichtem Netz von Maschinengassen nicht unproblematisch erscheint.

Weil flächendeckende starke Eingriffe vom Standpunkt der Stabilität aus nicht ungefährlich sind, soll auch der Maschineneinsatz mit situativen Eingriffen erfolgen. Der Vorteil der hohen Stückzahl wird dann nicht mehr so evident. Der Einsatz in Stangenholz mit hohen Stammzahlen birgt die Gefahr von zu starken Opfern für die Arbeitsweise der Maschine im Bestand, namentlich die Schaffung des relativ engen Gassensystems (30 m Abstand). Zeitlich gestaffeltere Einsätze sind aus dieser Sicht eher anzustreben. Das gleiche gilt für Misch- und Laubholzbestände. Die Alternative zur maschinellen Standraumregelung, zumindest für die Stufe Stangenholz, dürfte in Richtung einfacher motor-manueller Eingriffe (vertikaler Schrägschnitt) oder von Formen von Devitalisierung mit Ringeln oder ähnlichen Manipulationen zu suchen sein.