6.4.4 Auslesebäume und Wuchsregelungsprogramm: Synchronizität der Auslese und Wuchsregelungsmassnahmen

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Der Ausleseeffekt ist nur dann wirklich wirksam, wenn ein optimal möglicher Anteil der Holzproduktion auf die besten veranlagten Elemente bzw. ihren unteren Stammteil konzentriert wird. Dies erfolgt durch die Steuerung des Wuchsganges, also durch Regulierung des Standraumes. Zwischen dem relativ früh notwendigen Zeitpunkt der Auswahl und der Hiebsreife steht eine breite Zeitspanne von 50 bis 100 Jahren. Ob die ausgewählten Wertträger sofort nach Auswahl freizustellen sind und wie stark und wie lang, oder ob sie zuerst nur zu fördern und erst später zunehmend zu befreien sind, hängt von vielen Faktoren ab. Die Auslese und Wuchsförderung müssen also nicht notwendigerweise synchron erfolgen. Sie können z.T. getrennt (zumindest gestaffelt) vorgesehen werden.

Bei der Formulierung der Standraumregulierungskonzepte ist also zu unterscheiden zwischen:

  • der Förderung der Auslesebäume

bzw.

  • der Freistellung der Auslesebäume.

Im ersten Fall streben die Eingriffe nur soviel Standraum zu schaffen an, dass die ausgewählten sich einigermassen bis zur wirklichen Wuchsregelung in guter Position und Verfassung weiterentwickeln können, ohne Nachteile z.B. bezüglich Stabilität.

Die Buche z.B. besitzt eine ausserordentlich effiziente Art der Erschliessung und Besetzung des Kronenraumes, dank der Fähigkeit, Kurz- und Langtriebe zu bilden. Deswegen reagiert die Buche auch im erwachsenen Alter (sogar noch im hohen Alter) recht gut auf Durchforstungseingriffe (Freist, 1962, Klädtke, 1997, Chollet et al. 1998). Dies zeigt, dass das Konzept, die Wuchsregelung lang zu verzögern, d.h. bis in den Lichtwuchsbetrieb (mit Übergängen im Lichtungsbetrieb) für diese Baumart durchaus denkbar ist.

Der umgekehrte Fall, wo Auslese und Wuchsregelung synchron erfolgen, ist der häufigste in der Praxis. Verschiedene Zwischenformen sind natürlich auch denkbar.

So können wir je nach Wuchstemperament, nach Reaktionsfähigkeit der Kronen (d.h. ihr biologisches System der Kronenexpansion und Exploitation innerhalb der Krone), nach technischen Nutzungssystemen und ihren Folgen (Rotfäule), nach altersbedingten Holzentwertungen (Farbkern der Buche, Holzspannungen) und schlussendlich nach der Kostenwirksamkeit der Eingriffe folgende Produktionsregelungsmodelle skizzieren:

  • Auslese früh und gleichzeitig deutliche (d.h. früh kräftige) Freistellung. Das Modell gilt für lichtbedürftige Baumarten (Lärche) sowie Baumarten mit früher Produktionsreife (Kirschbaum, Esche) sowie diejenigen mit schlechter Kronenreaktion im hohen Alter (Esche), und schlussendlich Baumarten, für welche ein pflegerischer Nebenbestand später erwünscht ist (Eiche)
  • Auslese früh und späte Wuchssteuerung. In den Frühstadien wird nur soviel eingegriffen, dass die Zuwachsträger (die wipfelschäftig gut wachsenden) sich in guter sozialen Position und Verfassung mitentwickeln. Dieses Modell, welches sich mehr an den Lichtwuchseffekt anlehnt, gilt für das Fallbeispiel der Buche. In diesem Fall wird erst ab Alter von 50 bis 60 Jahren wirklich begonnen, Kronenbefreiungseingriffe vorzunehmen (Altherr, 1971, 1981; Klädtke, 1997).
Es ist nicht das alleingültige Modell für die Buche, weil bei dieser recht reaktionsfähigen und plastischen Baumart auch andere Behandlungsformen mit früher Wuchsregelung vorstellbar sind. Es ist aber der kostengünstigste. Bei der Buche ist darüber hinaus das Problem der Interaktion zwischen Wuchsgang, Alterung und Entwicklung von ungünstigen Holzentwertungen durch z.B. Holzspannungen (ev. auch Farbverkernung) gebührend zu berücksichtigen. Auf Grund der z.T. bisher bekannten Erkenntnisse über den Hergang solcher Entwertungen scheinen Wuchsregelungsmodelle geeignet zu sein, in welchen die Buchenbestände nicht allzu dicht und allzu alt werden.
  • Auslese früh und Eingriffe zuerst mässig (falls überhaupt) und dann kräftig auf eine relativ kurze Periode konzentriert. Die Freistellung im Kronenraum erfolgt bei Erreichung eines günstigen Kostendeckungsgrades. Dieses Modell gilt z.B. im Fallbeispiel Fichte. Die Durchforstungen werden dann auf eine kurze Dauer konzentriert, gefolgt von einer Periode der Hiebsruhe im höheren Alter. Dies ist im wesentlichen wegen der Gefahr von Rotfäule begründet.

Biologisch optimal in Bezug auf die Wertschöpfung ist es grundsätzlich, wenn die Auslese früh erfolgt. Die Erstdurchforstungen in Stangenhölzern sind aber kostspielig, zumindest wenn man, wie früher üblich, flächendeckend arbeitet und die Nutzung mit Perfektionismus realisiert, auch wenn man die Produkte nicht kommerziell verwertet. Es bestehen aber kostengünstige Methoden, welche sich nur auf die allernotwendigsten Arbeitsschritte und auf die wirklich für die Befreiung notwendigen Konkurrenten konzentrieren. Unter solchen Voraussetzungen lassen sich auch bei motormanueller Nutzung z.B. mit der Methode des vertikalen Schrägschnittes sehr kostengünstige Eingriffe verwirklichen (Arbeitsaufwand in Grössenordnung von 5 bis 10 Std./ha). Daraus ergibt sich ein Kostendeckungsgrad von etwa 25 cm BDH für Fichte und 30 cm BHD für Buche.