6.3.3 Kostenwirksamkeit: Biologisch optimal vs. kosteneffiziente und -bewusste Pflege

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Bei biologisch optimaler Ausrichtung der Dickungspflege hat man früher als Ziel der Eingriffe in der Dickung eine Homogenisierung der Bestockung in quantitativer wie qualitativer Hinsicht angestrebt, bei welcher je nach Baumartengruppen und ihren erforderlichen Erziehungsbedürfnisse eine unterschiedliche Bestockungsdichte benötigen (siehe Abb. 6.4). Es ging dabei um eine Dosierung der Dichte des Kollektives, d.h. um eine Regulierung der Bestockungsdichte des aus den herrschenden und mitherrschenden Bäumen zusammengesetzten Teiles der Bestockung. Dadurch sollte durch kollektive Erziehung ein Bestandesklima (eine forstliche Ambiance wie van Miegroet treffend formuliert) geschaffen, um sowohl Stabilität wie qualitativ günstige Entwicklung zu fördern.

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Abb. 6.4: Bei biologisch optimaler Ausrichtung der Dickungspflege angestrebte Bestockungsdichten.

Dabei lassen sich die angestrebten Bestockungsdichten durch folgende Charakteristiken erklären:

  • Die Schattentoleranz: Schattenintolerante Arten (z.B. Lärche, Erle, Aspe, Pappel) verlangen eine Lichtkrone, die frei von jeglicher Einengung und seitlicher Beschattung ist.
  • Die Wachstumsgeschwindigkeit: Die Douglasie z.B. benötigt aufgrund ihres sehr starken Höhenwachstums mehr Platz als das Temperament einer Halblichtbaumart eigentlich erfordern würde.
  • Die Produktionsdauer: Esche, Kirschbaum und Roteiche sollen, in relativ kurzer Zeit (ungefähr 90 Jahren) ihre Zielstärken erreichen können. Dies verlangt eine starke Förderung des Dickenwachstums durch die Ermöglichung einer genügend raschen Kronenentwicklung.
  • Die Risiken der Zwieselbildung: Esche, Linde und Douglasie, welche leicht verzwieseln, verlangen beim Eintritt in die Stangenholzstufe eine grössere Auslesebasis als andere Baumarten, und folglich bis zu jenem Zeitpunkt auch eine höhere Bestockungsdichte, als für ihr Wachstum und ihr Temperament eigentlich ideal wäre.
  • Die Fähigkeit zur natürlichen Astreinigung bzw. die Notwendigkeit, eine künstliche Astung durchzuführen: Aufgrund ihrer Neigung, ein grobes Astwerk zu bilden, verlangt eine Art wie die Föhre (während der Erziehungsphase) eine relativ hohe Bestockungsdichte.
  • Die Notwendigkeit eines Nebenbestandes: In Eichenbeständen, die aus erzieherischen Gründen in der Dickungsstufe noch eine relativ hohe Bestockungsdichte verlangen, muss anschliessend relativ kräftig eingegriffen werden, damit die Aufrechterhaltung bzw. die Entwicklung eines genügend umfangreichen Nebenbestandes gesichert ist.

Zu diesem Zweck strebt man zur gewünschten Bestockungsdichte die Eliminierung von in der Oberschicht wirksamen Elementen nach hierarchisch folgenden Entnahmekriterien vor:

  • grobe Protzen
  • Förderung der Mischungsregelung
  • Offensichtliche beschädigte und kranke
  • Förderung der wipfelschäftigen Kandidaten.

Bei diesen Kriterien sind sowohl solche, die positiven wie negativen Auslesecharakter ausweisen, aufgelistet. Weil es darum geht, ein Kollektiv mit möglichst guten Kandidaten zu erreichen, dominiert die positive Auslese und dies, obwohl noch keine endgültige Auswahl stattgefunden hat.

Weil die Dickung sehr hohe Stammzahlen vorweisen, und auch wegen der hohen Bewegungsschwierigkeiten, benötigen solche flächenhaften Regulierungsmassnahmen äusserst hohe Arbeitsaufwendungen in der Grössenordnung von 60 bis 80 Stunden/ha (BUWAL, 1989)<ref name='Bundesamt für Umwelt'>Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), 1989: Ergebnisse einer Erhebung über den Aufwand bei der Jungwaldpflege. Möglichkeiten der Pauscha-lierung. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern, 6p.</ref>. Weil andererseits das generelle Ziel der Dickung in der Ausweisung von pflegerischen Effekten durch genügende Bestockungsdichte angestrebt wird, arbeitet die natürliche Entwicklungsdynamik einigermassen zielkonform. Demnach lassen sich folgende Überlegungen im Sinne naturopportuner Vorgehen vorsehen, welche zu erheblicher Reduzierung der Pflegekosten führen:

  • nur situative Entnahmen um Auslesebäume etwa im vorletzten Abstand
  • nur situative Entnahmen um Auslesebäume etwa im Endabstand * möglichst alles der Natur überlassen, aber mit Kontrolle der Zielkonformität d.h. ob genügende Anwärter in einigermassen günstiger Verteilung sich selbst durchsetzen.

Wie Messungen des Arbeitsaufwandes für eine solche Pflege im Lehr- und Forschungswald der ETH zeigen, lassen sich bei den zwei erst erwähnten Varianten Arbeitskostenreduktion gegenüber flächendeckender Pflege in der Grössenordnung von 40 % bzw. 70 % erzielen. In Bestockungen mit einigermassen normalem Qualitätsausweis gibt es keinen Zweifel, dass solche Rationalisierungen sinnvoll sind. Auch die Förderung von im Endabstand stehenden Bäumen lässt sich insofern rechtfertigen, dass beim nächsten Eingriff (oder bei der nächsten Kontrolle) im Stangenholzalter, sich Korrekturen für allfällige Ausfall von Anwärtern an Ort (d.h. in der gleichen Zelle) vornehmen lassen. Bei der letzten Variante geht es nicht darum, schlicht und einfach die Bestockungen ihrem Schicksal zu überlassen. Die Massnahme besteht in einer Kontrolle der Tauglichkeit der gesamten Bestockung, allenfalls um sehr gezielte Förderungseingriffe zugunsten von einzelnen Elementen, welche sich nicht selbst durchsetzen, z.B. gewünschte Baumarten, die konkurrenzschwach sind. Es ist oftmals der Fall bei den seltenen Baumarten. Nötigenfalls wird die Entfernung von zu groben, breiten Elementen (sog. grobe Protzen) welche die Bestockung sehr negativ beeinflussen, vorgenommen. Dies kann allenfalls durch Ringelung erfolgen.

Referenzen

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