6.1.2 Andere pflegerische Grundformen

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Hier darf auch wiederholt daran erinnert werden, dass es nebst der weitestgehend dominierenden Erziehungsform in Wäldern mit klarer Ablösung der Generationen und der Erziehung im Kollektiv gleicher Artgenossen, grundsätzliche andere Formen gibt, namentlich:

  • Die Erziehung durch Schatten, wie sie z.B. im Falle der Grundform der Plenterung vorkommt
  • Die Erziehung durch Benützung günstiger Auswirkung von kooperativ wirkenden Baumartenmischungen.


Die Plenterung als alternatives Prinzip für eine Qualitätsholzproduktion

Gegenüber der Form der Sylvigenese von flächig verjüngten Bestockungen mit kollektiver Entwicklung steht ein anderer Typ, nämlich der spontanen Vereinzelung bzw. Verselbst-ändigung der Produktion wie im Falle des Plenterwaldes. Er kann die qualitativen Produktionsziele genauso gut erreichen. Das Produktionsprinzip der Plenterung beruht auf einer individuellen Erziehung, im Rahmen einer aus aller Alter und Dimension zusammen-gesetzten Bestockung. Es gilt im wesentlichen für die schattenertragenden Nadelbäume, welche eine hohe Fähigkeit haben, ihre axiale Dominanz am Schatten zu erhalten und somit Stämme mit einer durchgehenden, geraden Achse bilden, ohne dazu die Mithilfe einer unmittelbaren Umhüllung durch die Nachbarbäume zu benötigen. Die Erziehung im Halb-schatten löst das Problem der Astigkeit des bodennahen Stammstückes. Unter diesen Bedingungen des schwachen Lichteinfalls entwickelt sich bei den jungen Bäumen ein feines Astwerk. Andererseits werden die Wachstumsbedingungen durch die fortschreitende Lichtzunahme mit zunehmender sozialen Position bestimmt. Der Lichtfaktor gilt als wichtigster Steuerungsfaktor bei der Plenterung (Schütz, 1985, 1997)<ref name='Schütz'>Schütz, J.‑Ph., 1985: Bestandesschäden bei der Holzernte: Forderungen und Wünsche des Waldbaus. Forst‑ u. Holzwirt 40, 14/15: 375‑379.</ref><ref name='Schütz97'>Schütz, J.-Ph. , 1997: Sylviculture 2. La gestion des forêts irrégulières et mélangées. Presses Polytechniques et Universitaires Romandes, Lausanne. 178 S.</ref> im Gegensatz zu seitlichen Konkurrenzverhältnissen im Fall der Kollektiverziehung. Dies gewährt den Bäumen aus dem Plenterwald sehr regelmässiges und lang anhaltendes Dickenwachstum und erlaubt, ohne Schwierigkeiten überdurchschnittliche Dimensionen zu erreichen.

Die besondere Form wird im Skript „Die Plenterung und unterschiedliche Formen strukturierter Wälder“ behandelt. Stoff der Vorlesung Waldbau II (5. Sem).

Günstige Mischungen als Erziehung

Es lassen sich Pflegekonzepte überlegen, bei welchen die Befreiung der ausgewählten Wertholzträger ohne physische Eliminierung ihrer Konkurrenten erfolgt, etwa durch Nutzung der Differenzierungskraft von geeigneten Baumartenmischungen mit kooperativ wirkenden Baum-arten (etwa Birke, Aspe, Vogelbeere), weil sie die Wettbewerbsverhältnisse im Kronenraum aber auch im Wurzelbereich in Richtung einer günstigen Verträglichkeit bzw. Ergänzung verändern (Schütz, 1998)<ref name='Schütz98'>Schütz, J.-Ph., 1998: Licht bis auf den Waldboden: Waldbauliche Möglichkeiten zur Optimierung des Lichteinfalls im Walde. Schweiz. Z. Forstwes. 149, 11: 843-864.</ref> .

Wir haben schon im Abschnitt 4.1.1 die Bedeutung der Mischungen im Hinblick auf übergeordnete Ziele ethisch-ästhetischer Natur bzw. im Hinblick auf das Adaptationsprinzip und der Risikenverteilung hervorgehoben. Die Konsequenzen bezüglich Bestockungsgestaltung, nämlich die Ausschaffung von verträglichen Mischungsformen wurden auch dargestellt. In diesem Abschnitt wird die waldbauliche Bedeutung der Mischung zur zielkonformen Steuerung der Waldentwicklung besprochen. Es geht um die Frage, ob Mischungen zu ungünstigen Störungen der Entwicklung oder umgekehrt zur Förderung der Strukturierung, der Stabilität sowie der Wertleistung. Es lässt sich sogar hinterfragen, ob Mischungen zum Instrumentarium naturopportuner Entwicklung gezählt werden können.

Lange Zeit hat man bezüglich Mischungsziele bei der Bestandesbegründung bzw. bei der Gestaltung der Naturverjüngungen den Weg der Homogenisierung, d.h. der Gruppierung der Baumarten in monospezifische Kollektive unterschiedlicher Ausdehnung verfolgt. Dies war primär mit den unterschiedlichen Wuchsgängen und der Unverträglichkeiten der Baumarten begründet. Es waren auch schlicht Gründe der Vereinfachung der Waldarbeit im Vordergrund solcher Einstellungen. Mittlerweile zeigen Erkenntnisse der Versuche mit Mischungen, dass im grossen und ganzen positive Wirkungen aus den Mischungen resultieren, auch wenn die Mischung in feiner Form vorkommt. Weil zwischen den Baumarten grosse Unterschiede in ihrer Wirkung aufeinander bestehen, gilt es mit dieser Frage der Mischungen auch sehr differenziert umzugehen. Allerdings deuten gewisse Untersuchungen darauf hin, dass die Mischung nicht immer günstig auf die Stammqualität wirkt. So zeigen Lüpke und Spellmann (1997, 1999)<ref name='Lüpke'>Lüpke, B. v., Spellmann, H. 1997: Aspekte der Stabilität und des Wachstums von Mischbeständen aus Fichte und Buche als Grundlage für waldbauliche Entscheidungen. Forstarchiv 67: 167-179.</ref><ref name='Lüpke99'>Lüpke, B.v., Spellmann, H., 1999: Aspects of stability, growth and natural regeneration in mixed Norway spruce-beech stands as a basis of silvicultural decisions. in: Managment of mixed-species forest; silviculture and economics. Olsthoorn, Bartelink, Gardiner (Eds.). IBN Scientific Contributions 15. Inst. Forestry and Nature Research, Wageningen: 245-267.</ref> im Falle der Mischung Fichte/Buche, dass beide Baumarten in Mischung grobastiger werden als in reiner Form.

Wenn es eine Waldform gibt, bei der die Baumartenmischung und vor allem die Mischung mit Laubbäumen vollständig dokumentiert zu sein scheint, so ist es der Mittelwald. Mathey (1929)<ref name='Mathey'>Mathey, A.,. 1929 : Traité théorique et pratique des taillis. Vilaire, Le Mans. 353 S.</ref>

ist einer derjenigen, die schon vor langer Zeit beobachtet haben, dass bestimmte Baumarten, insbesondere die Buche, sich ungünstig auf die Hauschicht und die Lassreitel auswirken. Unter einem Buchenschirm findet kaum noch eine Ansamung statt. Er vertrat deshalb die Meinung, dass die Buche nicht begünstigt, sondern im Gegenteil entfernt werden müsse. Andere Baumarten dagegen (z.B. Birke) fügen sich harmonisch in das Zusammenleben ein. Die Gründe für das unduldsame Wachstum der Buche, das alles in Beschlag nimmt und andere Baumarten ausschliesst, sind in der dichten Krone und der intensiven Durchwurzelung des Bodens mit Feinwurzeln zu suchen. Diese Aussage wird durch zahlreiche nachfolgende Beobachtungen untermauert, so z.B. durch die Arbeiten von Kreutzer (1961)<ref name='Kreutzer'>Kreutzer, K.., 1961 : Wurzelbildung junger Waldbäume auf Pseudogleyböden. Forstwiss. Cbl. 80 : 356-392.</ref> und Fölster et al. (1991)<ref name='Fölster'>Fölster, H., Degenhardt, M., Flor, T., Lux. M., 1991. Untersuchungen zur Tiefendurch-wurzelung und Durchwurzelungsintensität auf Braunerdepseudogleyen im Vorderen Hundsrück in Abhängigkeit von Baumart und Bestandes-strukturparametern. Mitt. Forstl. Versuchsanst. Rheinland-Pfalz. 19/91: 91-106.</ref>. Letztere stellen fest, dass die Feinwurzelintensität der Buche doppelt so hoch ist wie die der Fichte.

Die nachfolgende Reihung der relativen Konkurrenz der wichtigsten Laubbäume (Tab. 6.1) basiert auf den obgenannten Arbeiten. Berücksichtigt wurden die vorhandenen Kenntnisse über die Dichte der Durchwurzelung, die Fähigkeit zur Kronenausdehnung, die Kronendichte und Beobachtungen über die Wirkungen auf benachbarte Bäume.

Tabelle 6.1: Relative Konkurrenz von Laubbaumarten auf der Basis von Erfahrungen im Mittelwald Tabelle 6.1.PNG


Die Konkurrenz wurde in Abhängigkeit von der Dichte des Feinwurzelsystems, von der Fähigkeit zur Kronenausdehnung und der Lichtdurchlässigkeit der Kronen gutachtlich eingestuft. Die Reaktion der Bäume auf eine Beschattung wurde bei dieser Schätzung nur am Rande berücksichtigt, weil dieser Faktor bei den geringen Vorräten im Mittelwald keine entscheidende Rolle spielt.

(nach: Mathey (1929)<ref name="Mathey"></ref>, Perrin (1954)<ref name='Perrin'>Perrin, H., 1954: Sylviculture II: Le traitement des forêts. Théorie et pratique des techniques sylvicoles. Ecole Nat. Eaux For., Nancy, 411 S.</ref>, Kreutzer (1961)<ref name="Kreutzer"></ref>, Leder (1992)<ref name='Leder'>Leder, B. 1992 : Weichlaubhölzer. Verjüngungsökologie, Jugendwachstum und Bedeutung in Jungbeständen der Hauptbaumarten Buche und Eiche. Schriftenr. Landesanst. Forstw. Nordrhein-Westfalen.(Sonderband) : 1-413.</ref>

Bei der Bestandesbegründung ist die günstige Wirkung von Baumarten mit guter Kronendurch-lässigkeit in Vorbaustellung zur Unterstützung des Ansamungsvorganges bzw. der juvenilen Entwicklung bekannt. Solche als Vorbau-Technik bezeichnete Verfahren verwendet sog. assoziative Baumarten oder Treibholzarten, wie Birke, Aspe, Vogelbeer. Viel weniger bekannt ist die Wirkung der Mischungen in der Erziehungsphase, bezüglich z.B. Strukturierung, Stabilität und sogar Förderung des Produktionsprozesses.

Alle bisherigen Feststellungen zeigen, dass Fragen zu Baumartenmischungen nicht mono-kausal beantwortet werden können. Zahlreiche Faktoren, wichtige und weniger wichtige, müssen berücksichtigt werden. Die vielschichtigen Interaktionen von Phänomenen und Wirkungen, welche im komplexen System der Mischung bestehen, werden im Skript Waldbau III behandelt.

Mischung und Stabilität

Von der oft vorkommenden Einzelmischung aus Buche und Fichte - für mitteleuropäische Verhältnisse durchaus repräsentativ - ist bekannt, dass vor allem die Fichte profitiert: Sie leistet in dieser Mischung 15 % mehr als im Reinbestand (Kennel 1965)<ref name='Kennel'>Kennel, R., 1965: Untersuchungen über die Leistung von Fichte und Buche im Rein‑ und Mischbestand. Allg. Forst‑ u. J.‑Ztg. 136, 7: 149‑161, 8: 173‑189.</ref>. Die Mischung begünstigt aber nicht nur den Zuwachs, sondern auch die Kronenausbildung, wodurch wiederum die Stabilität verbessert wird (Dresche, 1965)<ref name='Drescher'>Drescher, W., 1965: Aus der Bestands- und Ertragsgeschichte von Beständen des südlichen Hochschwarzwaldes. SchrReihe Landesforstverw. Bad.‑Württemberg 19. </ref>. Zu beachten ist jedoch, dass diese Vorteile zu Lasten der Buche gehen, die unter der Nachbarschaft der Fichte Einbussen erleidet. Hingegen kommen Lüpke und Spellmann (1997) bei der Analyse der Windschäden des Frühjahr 1990 (Stürme Vivian und Wiebke) in Norddeutschland zu einem anderen Ergebnis bezüglich Stabilität. Sie weisen aus, dass die höher wachsende Fichte in Mischung mit Buche ent-sprechend grössere Angriffsfläche für die Windstürme aufweisen was die Risiken der Sturmschäden erhöht.

Operationelles Umgehen mit Mischungen

Bei der Durchforstung in Mischbeständen ist das Mischungsziel festzulegen. Dabei gibt es bei der Festlegung der Rangordnung der Baumarten verschiedene Möglichkeiten. So kann die gewünschte Baumartenzusammensetzung zum Beispiel primär in Abhängigkeit qualitativer bzw. wirtschaftlicher Kriterien erfolgen. Es kann aber auch erstrangig auf die Entwicklungs-tendenzen der Mischung geachtet werden, was z.B. eine gezielte Förderung der wenig wettbewerbsfähigen Baumarten zur Folge haben kann. Ferner ist es möglich, aus der Sicht der Biodiversität im generellen, oder des Artenschutzes im speziellen, eine möglichst artenreiche Mischung anzustreben oder in erster Priorität die seltenen Baumarten zu begünstigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die verschiedenen Baumarten, je nach ihrer Konkurrenzkraft, unter Umständen sehr unterschiedlich stark begünstigt werden müssen, um sich anschliessend erfolgreich in der Mischung behaupten zu können.

Referenzen

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