5.3.2 Raumausnützungsgeometrie

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Mit diesem Begriff verstehen wir die Gesetzmässigkeit räumlicher Anordnung und Verteilung der Bäume in Bestockungen. Weil die Baumlage nicht verändert werden kann, interessiert uns auch Verteilungsänderungen in Zusammenhang mit sukzessivem Ausfallen der Bäume mit zunehmendem Alter.

Ein Ziel der waldbauliche Behandlung kann sein, dass die Auslesebäume, und damit die Hauptwertträger, im Endbestand so verteilt sein sollen, dass möglichst wenig Platz, und damit Produktionsfläche, unausgenützt bleibt. Um dies zu erreichen, muss man wissen, wie das Grundverteilungsmuster der Bäume ist und nach welcher Gesetzmässigkeit es sich bei Abnahme der Stammzahl verändert.


Die Grundmuster der Baumverteilung (Dreieck- oder Rechteckverteilung)

Ob die Verteilung der Bäume in einer Bestockung in Wirklichkeit nach Zufälligkeitsregeln odernach bestimmten Grundmustern erfolgt, ist nicht nur akademisch interessant, sondern hat Konsequenzen auf die Veränderung der Verteilung mit abnehmender Stammzahlen (sog.Erweiterungsschritte).

Um dieses Problem zu beleuchten, soll aufgrund von zwei Verteilungsgrundmustern ausgegangen werden, nämlich der quadratischen und dreieckigen Verteilung (siehe Abb. 5.29). Sind die Bäume in gleichseitiger Dreiecksverteilung, ergibt sich eine bessere Ausnützung des Raumes, um 15 % höher als jene einer quadratischen Verteilung. Im Falle einer Verteilung in gleichseitigen Dreiecken hat der Raumausnützungsfaktor f einen Wert von 1,155 (berechnet aus 2 / Wurzel 3), im Vergleich zu f = 1,0 bei einer quadratischen Verteilung. In diesem Fall haben theoretisch alle Bäume sechs direkte Nachbarn, und damit auch sechs Kronen, die sie berühren. Bei der quadratischen Verteilung hingegen ist ein Baum theoretisch nur von vier direkten Nachbarn umgeben.

Auch wenn in Wirklichkeit das Verteilungsmuster nicht so evident der einte oder andere Grundmuster zugeordnet werden kann, weil die Distanzen zwischen Bäumen nie so regelmässig sind, wie oben angenommen, lässt sich das natürliche Muster an der Anzahl der Kronenkontakte bzw. Konkurrenten nachweisen. In einer Vorstudie über die Anzahl der Nachbarn und den Faktor der Raumausnützung, welche in einigen Fichtenbeständen des Lehr- und Forschungswaldes der ETH ausgeführt wurde, zeigt sich, dass die Bäume in Wirklichkeit zwar nicht genau nach dem idealen Netz der gleichseitigen Dreiecke verteilt sind, dass aber diese Verteilung nahe kommt. So stehen diese Bäume durchschnittlich mit 5,4 direkten Nachbarn in Kontakt und weisen einen durchschnittlichen Raumausnützungskoeffizient von 1,05 auf (Schütz, 1987) <ref>Schütz, J.-Ph., 1987: Zur Auswahl der Auslesebäume in der schweizerischen Auslesedurchforstung. Schweiz. Z. Forstwes. 138, 12: 1037-1053.</ref>.

Abb5.29.png

Abb 5.29: Die zwei Grundverteilungsmuster der Bäume: in Rechteck- oder Dreieckmuster und ihre Veränderung bei Veränderung der Baumzahlen

Es ist auch einigermassen einleuchtend, dass sich im Kampf um das Licht und den Raum die ideale Verteilung ganz natürlich einstellt. Diese hexagonale Verteilung entspricht im übrigen einem natürlichen Verteilungsmuster, da die Sechsecke in der Natur als eine fundamentale Form bezeichnet werden können. Man denke dabei etwa an das Beispiel der Bienenwaben. Die ungünstigere und instabilere Verteilung in Quadraten bewirkt in gewissem Sinne auch eine Verschwendung des verfügbaren Raumes (nach Coulon, 1988) <ref>Coulon, M. de, 1988: Pourquoi un paysage est-il beau? Off. central féd. imprimés et mat. Berne, 94 p.</ref>. Somit kann man davon ausgehen, dass die Bäume in Wirklichkeit naturgegeben das Verteilungsmuster in Dreiecken suchen als das bezüglich Raumausnützungseffizienz weniger günstige Viereckmuster.


Die Schrittweise Erhöhung der Abstände zwischen den Bäumen

Werden nun in einem Bestand Bäume entnommen, so verändern sich die Abstände zwischen den verbleibenden Bäumen nicht kontinuierlich, sondern schrittweise. Dabei findet aber nicht einfach ein Wechsel von irgendeinem beliebigen Abstand zu irgendeinem anderen zufälligen Abstand statt.

Wenn man von einer vollkommen gleichmässigen Verteilung der Bäume in der sogenannten Hexagonale ausgeht, so hat die Entnahme der benachbarten Bäume eines Referenzbaumes (Auslesebaumes) eine ganz bestimmte Vergrösserung des Baumabstandes zur Folge. Je nach dem, welche Nachbarn man entfernt, vergrössert sich der Baumabstand um den Faktor √3, 2, √7 oder 3 usw. (Schütz, 1987) <ref name="Schütz">Schütz, J.-Ph., 1987: Zur Auswahl der Auslesebäume in der schweizerischen Auslesedurchforstung. Schweiz. Z. Forstwes. 138, 12: 1037-1053.</ref>. Von all diesen Abstandsvergrösserungsfaktoren ist aber nur der Faktor √3 (= 1,73) wirklich von praktischer Bedeutung, da es sich dabei um den kleinsten Faktor handelt, der erneut zu einer regelmässigen Verteilung in der erwähnten Dreieckanordnung führt. Dies erfolgt durch eine gleichmässige Entnahme von 2/3 aller Bäume (siehe Abb. 5.29 unten). Dies bedeutet, dass zwischen dem Endabstand und dem vorletzten Abstand eine Erhöhung um den Faktor von ca. 1,7 stattfindet. Im Falle einer quadratischen Verteilung der Bäume hat der kleinste Abstandvergrösserungsfaktor, der wiederum eine quadratische Verteilung der verbleibenden Bäume zur Folge hat, den Wert von √ 2 (= 1,41); wobei 50 % der bestehenden Bäume entfernt werden (siehe Abb. 5.29 oben).

In Wirklichkeit sind aber erstens die Bäume nicht so regelmässig geometrisch verteilt, und zweitens befinden sich auch die Kronen nicht alle auf genau derselben Höhe. Darüber hinaus muss hier nochmals betont werden, dass die Einhaltung genauer Abstände eine wesentlich geringere Bedeutung haben kann als die bezüglich Qualitätseigenschaften richtige Wahl der Auslesebäume, auch wenn ihre Abstände ungünstig bezüglich Raumausnützung sind. Die Abstandsfrage kann nur als Indikator und Richtgrösse über das ganze Kollektiv gelten und nicht für die Einzelwahl.

Weil sich in der Praxis die Forstleute zu oft und zu einseitig an der Regel des Abstands orientieren lassen, sind Fehlentscheidungen bezüglich Qualität der gewählten Bäume hie und da erheblich. Aus dieser Gefahr hat sich die Idee der sog. Gruppendurchforstung von Busse (1935) <ref>Busse, J., 1935: Gruppendurchforstung. Forstl. Wochenschr. Silva 23: 145-157.</ref> entwickelt, welche die Abstandsfrage total verwirft. Eine zu extreme Ausrichtung dieser Eingriffsform, wie sie ab und zu auch vorkommt in der irrigen Auffassung, dass die Konkurrenz der Gruppe förderlich ist, muss entschieden verworfen werden. Auch Schober (1987)

hat sich kritisch zur Überbewertung der Abstandsgeometrie geäussert. Nach Pardé (1981) <ref>Pardé, J., 1981: De 1882 à 1976/80 les places d’expérience de sylviculture du hêtre en forêt domaniale de Haye. Rev. For. Fr. 33, No spec. : 41-64.</ref> steht die manische Betrachtung der Aequidistanz sogar in Widerspruch zum Prinzip der Auslese ( “la manie de l‘équidistance est une des négations des principes de l’éclaircie sélective“). Immerhin können sich zu nahe stehende Auslesebäume bis zur Hiebsreife nicht nur durch hohe Konkurrenz in ihren Kronen stören, sondern asymmetrische Kronen können auch negative Auswirkungen haben auf die technologischen Holzeigenschaften: exzentrischer Wuchs, Buchsholz usw. Aus dieser Sicht betrachtet und abgeleitet von Beobachtungen in Eichenurwäldern der Slowakei kommt Korpel (1974, 1975) <ref>Korpel, S., 1974: [Durchforstungen in Eichenbeständen und Möglichkeiten ihrer Rationalisierung (Orig. Slowak.) Lesn. Cas (Zvolen) 20, 3: 185-204.</ref> <ref>Korpel, S., 1975: [Das Schutzgebiet Kasivarovaer Eichenwald] (Orig. Slowak.) Zbornik Vedeckych Prac 17, 1: 19-52.</ref> zum Vorschlag, die Mindestdistanz von 4 m bei der Wahl der Auslesebäume nicht zu unterschreiten. Ansonst sollten bei dieser Wahl die qualitativen Eigenschaften entscheidend sein.

Die Schlussfolgerung für die Praxis der Durchforstung ist, dass wenn man ausgehend von einem Baumkollektiv Bäume eliminiert, die Abstände zwischen den übrigbleibenden nicht stetig zunehmen, sondern diskret nach einem Schritt in etwa des Faktors √3. Zwischen Bäumen in Endabstand und im vorletzten Abstand besteht das Verhältnis 1 : 1,71 bezüglich Distanzen und 1:3 bezüglich Anzahl.

Eine andere Schlussfolgerung ist, dass wenn man mit Reservisten arbeitet (in der idealen Verteilung sind sie in dreifach mehr Anzahl als die Endbäume, zweimal bei einer Rechteckverteilung) sie beginnen ab einem Oberdurchmesser (Do) von 20 bis 30 (also ab Stangenholzalter) sich gegenseitig zu konkurrenzieren, wie Abb. 5.30 für Fichtenbestockungen zeigt.

Abb5.30.png

Abb. 5.30: Maximal mögliche Anzahl Auslesebäume im Laufe der Bestandesentwicklung entsp. ihren Kronenausdehnungsansprüchen. Vorausgesetzt, dass sie sich nicht konkurrenzieren. <ref name="Schütz">Schütz, J.-Ph., 1987: Zur uswahl der Auslesebäume in der schweizerischen Auslesedurchforstung. Schweiz. Z. Forstwes. 138, 12: 1037-1053.</ref>

Referenzen

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