4.4 Massnahmen der Pflegeeingriffe

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Einer der wichtigsten Massnahme bei der Realisierung der Pflegeeffekte ist die periodisch wiederkehrende Entnahme von Bäumen. Wir bezeichnen sie als Stammzahlreduktion, wenn sie während der Entwicklungsstufen des Jungwuchses und der Dickung erfolgen. Ab dem Stangenholz spricht man von Durchforstungen. Die grosse Kunst der Waldpflege, besteht nundarin, im geeignetsten Moment und mit der richtigen Stärke einzugreifen, d.h. zu jenem Zeitpunkt, wenn der Bestand am besten reagieren kann, sowie neuerdings auch in Rücksicht auf ein optimales Verhältnis der Kosten-Gesamtwirkung.

Geht man in einer situativen und differenzierten Betrachtung der Bäume im Bestand nach, ergibt sich eine heutigen etwas abgeänderten Ausrichtung der Durchforstungseingriffe als früher. Die grosse Neuorientierung in der Durchforstung ist, dass die Massnahmen nicht mehr wie früher als flächendeckende Eingriffe ausgerichtet werden, sondern als gezielt um bestimmte Baumgruppen (Gerüst- oder Auslesebäume). Wir sprechen hier von situativen Eingriffen. Damit wird der Ausdruck situativ in zweifacher Hinsicht gemeint, bezüglich der Zielvorgabe (Z-Bäume oder nicht) einerseits sowie bezüglich der Tatsache dass die Befreiung je nach soziale Position und Bekronungsgrad anders ausfallen.

Was die Eingriffsstärke und auch Wiederkehr betrifft, muss die richtige Dosierung gefunden werden, um zur Erreichung der gewünschten Effekte d.h. der Anzahl zu eliminierenden Bäume und gleichzeitig eine günstig wirkende Umgebung zu schaffen.


Alternativmöglichkeit zur Baumentnahmen: Devitalisierung

Es lassen sich auch heute Pflegekonzepte überlegen, bei welchen die Befreiung der ausgewählten Wertholzträger ohne physische Eliminierung ihrer Konkurrenten erfolgt, etwa durch Nutzung der Differenzierungskraft von geeigneten Baumartenmischungen mit kooperativ wirkenden Baumarten (z.B. Birke, Aspe, Vogelbeere), oder auch durch Reduzierung der Vitalität der Nachbarn z.B. durch Ringelung, und dies ohne Anwendung chemischer Mittel (Arboricide). Früher wurden insbesondere bei Pflege von sehr jungen Bestockungen (Jungwüchse und Dickungen) solche chemische Devitalisierung verschiedentlich erprobt. Weil aus gesamtökologischer Sicht das übergeordnete Ziel darin besteht, dem Waldökosystem eine Senke für chemische Einwirkung zu erhalten, sind heute nur noch Methoden angebracht, welche ohne Phytozide zum Ziel führen.

Unter Ringeln versteht man verschiedene, mechanische, den ganzen Stammumfang umfassende Eingriffe zur mehr oder weniger starken Behinderung oder gar gänzlichen Unterbrechung des Saftstromes. Eine der bekanntesten Methoden ist die vollständige Entfernung der Rinde (des Bastes) und des Kambiums und dadurch die Freilegung des Splintholzes auf einem Ring von mehreren Zentimetern Breite. Die Devitalisierung geht von der Überlegung aus, dass ein langsames Absterben der sich konkurrenzierenden Bäume dem verbleibenden Bestand erlaubt, sich zu erholen bzw. genügend schnell auf den Eingriff zu reagieren, ohne unter einer eigentlichen Destabilisierung leiden zu müssen.

Entsprechende Versuche für durchforstungslose Förderung des Jungwaldes, insbesondere mit Ringelungen, und zwar ohne Verwendung von chemischen Arboriziden, oder auch Strangulierungen, wurden seit einigen Jahren im Lehr- und Forschungswald der ETH am Uetliberg unternommen. Sie zeigen bezüglich der Wirksamkeit der Massnahme ermunternde Ergebnisse. Sie erlauben nämlich eine recht frühzeitige, kostengünstige Förderung der Wertträger zu verwirklichen, und dies praktisch in einem einzigen und d.h. auch recht kräftigen Eingriff. Dies ist auch ohne nachteilige Wirkung bezüglich Bestandesstabilität oder Folgeschäden (Klebäste, Sonnenbrand) möglich, weil die behandelten Konkurrenten langsam absterben. Auch wenn sie stehend dürr verbleiben, üben sie einen gewissen Seitenschutz aus, zumindest gegen pralle Sonne. Das Ganze soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem stehend dürre Bäume von ihren Dimensionen her gesehen keine Gefahr für Spaziergänger darstellen. Ringelung können für Ersteingriffe in schwachen Stangenhölzer empfohlen werden.


Das Köpfen in dichten Jungbestockungen

In Dickungen, welche lange Zeit sehr dicht geblieben sind, und besonders dort, wo die Entfernung von vorherrschenden Protzen zu einer Destabilisierung der Bestockung führen kann, ist es empfehlenswert, die ausscheidenden Stämme nicht gänzlich, d.h. bodeneben zu entfernen, sondern nur zu köpfen. Dabei soll so hoch geköpft werden, dass der verbleibende Stamm weiterhin noch eine Zeit lang als Stütze dienen kann. Gleichzeitig muss aber auch genügend tief geköpft werden, um zu verhindern, dass die abgeschnittenen Individuen, welche oft ein sehr kräftiges Wiederausschlagspotential besitzen, erneut in die obere Kronenschicht einwachsen (siehe Abb. 4.23). Das Köpfen bleibt aber eine Vorgehensweise, um verpasste oder zu schwache Eingriffe nachzuholen. Es handelt sich also eher um eine Notlösung, welche im Normalfall, d.h. wenn die vorhergehenden Pflegeeingriffe korrekt durchgeführt worden wären, eigentlich nicht notwendig sein sollte.

Abb4.23.png

Abb. 4.23: Das Köpfen als Massnahme der Stammzahlentnahme in der Dickungsstufe in Rücksicht auf die Destabilisierungsgefahr.

Als weitere pflegerische Massnahmen kommen verschiedene andere flankierende und technische Massnahmen zur Anwendung. Es geht z.B. um Kronenschnitte, Wertastungen, direkte oder präventive Schutzmassnahmen, Steilrandkorrekturen usw.