4.1.5 Wertschöpfung vs. Massenproduktion

Aus Wiki Waldmanagement
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zum Inhaltsverzeichnis

Die Pflegeeingriffe zielen im wesentlichen daraufhin, Qualitätsprodukte zu erzeugen, die ihre günstigste Wertschöpfung bei Erreichung bestimmter Dimensionen vollenden. Dies erfolgt in der Regel bei Hiebsreife. Das Erreichen von Werthölzern bestimmter Zieldimensionen (etwa 60 cm BDH) leitet sich vom Prinzip der Konzentration der Produktionskräfte auf wenige Bäume mit gutem Holzwert und vom günstigen Stück-Massen-Verhältnis ab. In den heute noch gängigen Produktionssteuerungskonzepten machen die zur Produktionssteuerung notwendigen Eingriffe (die Nutzungen aus Durchforstungen oder Vornutzungen) anteilmässig 50 % der gesamten Volumenproduktion aus. Immerhin fällt insbesondere wertmässig der interessanteste Teil der Produktion auf den hiebsreifen Bestand.

Bei der Analyse der Produktionseffizienz muss beachtet werden, dass jeder vorzeitige unfreiwillige Ausfall von Bäumen, z.B. infolge von Nutzungsschäden oder auch stockastischen Ereignissen (Windstürme, Schneedruckschäden) zu Produktionsverlusten führt. Auch ungünstige Verteilung der Bäume können ähnliche Wirkungen haben.


Auswirkungen der Qualitätskriterien des Holzes für die Waldbaupraxis

Es lassen sich nun die Grundsätze der Pflegekonzepte formulieren. Die Festlegung dieser Pflegegrundsätze erfolgt aus der Sicht, dass die Produktion von Qualitätsholz das Produktionsziel zumindest für einen, wenn auch kleinen Teil der Bäume, nämlich dem Kollektiv der potentiellen Wertträger (d.h. denjenigen mit einem genügendem Potential auf Wertschöpfung) erreicht. Viele Bäume zwischendurch erfüllen nur Begleitfunkltionen. Das Ganze soll in Rücksicht auf den anzustrebenden ökologisch-ökonomischen Kompromiss betrachtet werden.

Bei der Frage der Produktionsziele geht es zuerst darum zu wissen, ob die hohe Wertschöpfung im heutigen Kontext der Internationalisierung der Holzmärkte noch das richtige Ziel ist. Dazu kann folgendes überlegt werden: Vom Standort und vom Klima her betrachtet, haben wir in der Schweiz (und nicht nur für das Mittelland) die besten Voraussetzungen für eine hohe Leistung in Menge und Wert. Gegenüber den grossen Konkurrenten des Nordens haben wir den Vorteil, äusserst interessante und günstige Baumarten produzieren zu können wie z.B. Buche, Esche, Ahorn, Kirschbaum mit enormem Potential an Wertschöpfung, wenn wir in der Lage sind, solche Produkte auch optimal zu verwerten.

Dies darf nicht nur an den Spitzenprodukten (Furnierholz), welche anteilmässig eher gering ausfallen, gemessen werden, sondern am Wertschöpfungsmass einer Vielfalt möglicher Verwertung, d.h. an dem Veredlungspotential. Unsere jetzige Ausschöpfung ist völlig ungenügend, gemessen an der Vermarktbarkeit guter Holzprodukte, zumindest für die Laubholzproduktion. In der heutigen Verarbeitungstechnologie, in innovativen Entwicklungen, in der Ausschöpfung aller Möglichkeiten der stufengerechten Sortierung und in gutem Marketing liegt ein riesiges Potential für eine erfolgreiche Verwertung von sehr vielen modernen Holzprodukten, auch für Schwachholzdimensionen. Eine bessere Ausnützung bei entsprechend gerechter Preisgestaltung würde auch erlauben, die Kostendeckungsgrenze tief zu halten.

Ganz allgemein formuliert ist die Produktion von Qualitätsholz das zu erreichende Ziel, zumindest für den Anteil der Bäume, für welchen eine hohe Wertschöpfung möglich ist und im Gegensatz zu früher nicht mehr für alle Bäume des Bestandes. Diese zielkonforme Betrachtung nennen wir situative Konzeption der Waldbehandlung.

Bei der Festlegung der Produktionsziele und Waldbaukonzepte muss man heute diese sehr unterschiedlichen Komponenten gebührend berücksichtigen. Beide Produktionsformen der hohen Wertschöpfung und der Massenproduktion lassen sich, sogar im gleiche Bestand, kombinieren. Heute werden Konzepte erwogen, die vom Gedanken der bestandesweisen gleichen Produktion wegkommen und hin zum Konzept der Mischproduktion und der baumweisen Betrachtung führen. Im gleichen Bestand ist es denkbar, die diametral entgegengesetzten Produktionsgrundsätze der Massen- und der hohen Wertschöpfung zu kombinieren, indem man noch mehr und konsequenter als bisher nur diejenigen Elemente bevorzugt, welche dazu geeignet sind, d.h. bei welchen ein hohes Wertvermehrungspotential besteht, und nur solche Bäume intensiv durch Förderungsmassnahmen pflegt. Zwischendurch besteht ein Puffer aus Bäumen mit im wesentlichen Begleitfunktion bzw. Mitlaufcharakter, dem ohne weiteres eine Massenproduktion zugewiesen werden kann, und für welchen möglichst minimalste Produktionskosten anzustreben sind. Zukünftig werden wir also Pflegesysteme bevorzugen, in denen von früh auf nur die besten Wertträger zu fördern sind mit gezielten situativen Eingriffen. Der Rest der Produktion hat nur begleitende Funktion und soll in möglichst Wertschöpfung und der Massinfacher und billiger Form geerntet werden.