4.1.4 Kostenbewusster und polyvalenter Waldbau

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Die verheerende Ertragslage der Forstwirtschaft hat bezüglich der biologischen Produktion zwei bedeutende Konsequenzen. Zuerst liegt die Grenze einer kostendeckenden Nutzung heute bei konventioneller Gewinnung mit motormanuellen Methoden (und für sonst ganz normale Gelände- und Erschliessungsbedingungen) bei etwa 25 cm BHD für Fichte und bei 30 cm für Laubholz. Konsequenterweise belasten die Pflegeeingriffe die Forstrechnung in Stangen- und schwachem Baumholzstadium (also Erstdurchforstungen) äusserst ungünstig. Solche Waldbaueingriffe galten bisher als wesentliche Steuerungsmassnahmen des biologischen Produktionsprozesses. In der Tat waren die bisher gängigen Waldpflegekonzepte auf früh und kräftige Pflegemassnahmen ausgerichtet.

Das ist aus biologischer Sicht betrachtet immer noch richtig. Weil aber solche Lösungen ökonomisch derart belastend ausfallen, kommen wir heute nicht darum herum, uns die Frage zu stellen, ob derart intensive Eingriffe sich betriebsökonomisch noch rechtfertigen. Man kann hinterfragen, ob etwa verspätete Durchforstungseingriffe (mit aber günstigem Kostendeckungsgrad) vom Standpunkt der Kosten-Nutzen-Gesamtwirkung nicht günstiger ausfallen würden. Wenn sie nämlich eine annähernd gleiche Wirkung mit späteren Eingriffe ermöglichen, leuchtet es ein, dass wir zukünftig in diese Richtung gehen sollen.

Wie weit man solche Eingriffe hinausschieben kann, in Rücksicht auf sowohl erwartete Wirkung einerseits als auch bezüglich Stabilität, ist noch teilweise offen. Anders ausgedrückt, gilt es heute für die Gestaltung des Produktionsprozesses nicht nur biologisch optimale Lösungen zu erwägen, sondern im vermehrtem Masse kostenbewusste und differenzierte Lösungen nach dem Prinzip der minimal notwendigen Lenkung vorzusehen.

Das erklärte Ziel ist, neue waldbauliche Systeme zu entwickeln, die weitgehend selbständig funktionieren und mit weniger Eingriffen und geringeren finanziellen Aufwendungen als bisher auskommen. Eine echte Rationalisierungsmöglichkeit besteht darin, biologische Automatismen, die auf natürlichen Entwicklungsprozessen und deren Wirkungen beruhen, in das waldbauliche Handeln einzubeziehen. Der Einbezug der sogenannten biologischen Automation erfolgt dabei in Abhängigkeit vom gewünschten Ergebnis.

Bei der Anwendung solcher biologischer Rationalisierungsmassnahmen macht sich der Mensch die natürliche Entwicklungsdynamik zu Nutze und konzentriert zugleich die vorhandenen Mittel auf die wesentlichen Tätigkeiten (Schütz, 1996) <ref>Schütz, J.-Ph., 1996: Bedeutung und Möglichkeiten der biologischen Rationalisierung im Forstbetrieb. Schweiz. Z. Forstwes. 147, 5: 315-349.</ref>. Diese Erkenntnis ist an und für sich nicht neu; schon die Konzepte des naturnahen Waldbaus bauen zumindest teilweise auf den oben beschriebenen Prinzipien auf. Die Mehrheit dieser Konzepte wurde jedoch in einer Zeit erarbeitet, in der Handarbeit wesentlich kostengünstiger war. Wir sind deshalb noch weit davon entfernt, dass die Möglichkeiten der biologischen Rationalisierung ausgeschöpft sind.

Bezüglich Wuchsförderungseffekt beginnen wir zu ahnen, dass das Selbstentwicklungspotential der Natur grösser ist, als früher angenommen. Dies gilt es sehr unterschiedlich zu differenzieren, je nach sozialer Position der Bäume in einer Bestockung, weil je sozial höher die Bäume im Kontext des Bestandesgefüges sind, desto weniger Befreiung von der Konkurrenz brauchen sie. Umgekehrt, je bedrängter die Stellung, desto notwendiger die waldbaulichen Massnahmen. Solche für die Zukunft der Durchforstung entscheidende Fragen bedürfen also einer kritischen Betrachtung, insbesondere die Frage der sozialen Struktur innerhalb der Bestockungen. Die gilt auch für die Veränderung der sozialen Stellungen. Wollen wir im Sinne der biologischen Rationalisierung und der Ableitung kostengünstige aber nichtdestotrotz effiziente (sog. naturopportune) Pflegeverfahren verwirklichen, müssen wir möglichst viel der Natur überlassen und nur dort und dann einzugreifen, wenn die Natur nicht zu den gleichen Zielen führt. Solche Konzepte richten sich nach der natürlichen Selbstentwicklung.

Referenzen

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