3.3.2 Prospektive retrospektive Betrachtung

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Die waldbauliche Analyse unterstellt den Bestand einer kritischen Betrachtung. Anhand der abgeschätzten Entwicklungstendenzen soll beurteilt werden, ob die generellen Waldbauziele erreichbar sind oder nicht. Die Betrachtungsweise ist also sowohl rückblickend wie auch vorausschauend und kann aufgrund der drei folgenden bekannten Kurzfragen zusammengefasst werden:

  • Wer bist du?
  • Woher kommst du?
  • Wohin gehst du?

Analyse der wladbaulichen Vergangenheit

Wer es versteht, den Wald richtig zu beobachten, der kann aus der rückblickenden Betrachtung der waldbaulichen Vergangenheit (oder Anamnese) eines Bestandes viele lehrreiche, wichtige Schlüsse ziehen. Die Spuren von früheren Ereignissen auf den Bestand können einerseits über die besonderen Risiken des Standortes und andererseits über die Folgen der vergangenen waldbaulichen Behandlung Auskunft geben. Daraus lassen sich bereits erste Konsequenzen für die zukünftige waldbauliche Behandlung ableiten. Dabei ist es wichtig, zwischen Ursachen und Wirkungen zu unterscheiden. Man muss zwischen standortstypischen und bestandestypischen Risiken differenzieren. Schneebruchschäden im Kronenbereich bleiben z.B. noch lange Zeit erkennbar. Sie können sowohl auf ein generelles, lokal erhöhtes Schneebruchrisiko (z.B. aufgrund einer gefährdeten Höhenlage im Nassschneebereich) hinweisen, wie auch auf mangelnde bisherige Pflege zurückzuführen sein. Der Beurteilung des Pflegezustandes kommt also eine grosse Bedeutung zu.

Abb 3.23.png

Abb. 3.23: Die Kronenlänge gibt Auskunft über die Höhe des bisherigen Wettbewerbes in einem Bestand. Die Auswirkungen unterschiedlicher Wettbewerbsbedingungen auf die Bekronung und den Schlankheitsgrad der Bäume sind hier anhand zweier verschieden behandelter, aber gleich alter Fichtenbestände dargestellt.

nach Johann (1987)<ref>Johann. K., 1987: Standraumregulierung bei der Fichte. Ber. forstl. BundVersAnst. Wien Nr. 22, 64 p.</ref>

Alter: 100 Jahren


Die Dimensionen und die Formen der Baumkronen gehören zu den geeignetsten Merkmalen für die Beurteilung der waldbaulichen Vergangenheit eines Bestandes. Sie sind durch die früheren Konkurrenzbedingungen im Kollektiv geprägt. Eine starke Konkurrenz führt zu einer Beschleunigung des Absterbens (und Abfallens) der unteren Äste und damit letztendlich zu einer Verkürzung der Kronenlänge. Bestände, die in ihrer Jugendzeit korrekt durchforstet wurden, sollten im Baumholz noch eine Kronenlänge zwischen einem Drittel und, wenn möglich, die Hälfte der Baumlänge aufweisen (siehe dazu Abb. 3.23).

Ein anderes repräsentatives Kriterium der waldbaulichen Vergangenheit ist der Schlankheitsgrad. Er entspricht dem Quotienten aus der Baumhöhe und dem Brusthöhendurchmesser. Man gibt den Schlankheitsgrad üblicherweise für jeden Baum oder jede, für einen Bestand repräsentative Baumgruppe, oder manchmal sogar auch als Bestandeswert, an. Im letztgenannten Fall bezieht er sich auf einen Baum mit mittlerer Grundfläche. Der Schlankheitsgrad ist eng mit den Kronendimensionen korreliert, da die Breite der Jahrringe an der Basis der Kronen maximal ist und gegen den Stammfuss kontinuierlich abnehmen. Hohe Schlankheitsgrade lassen auf eine mangelhafte Stabilität von einzelnen Bäumen gegenüber mechanischen Einwirkungen schliessen.

Bis anhin wurde nur die mechanische Bestandesstabilität beschrieben. Weiter unten wird auch von einer anderen Form der Stabilität, nämlich der ökologischen Stabilität, die Rede sein. Diese beschreibt das Reaktionsvermögen eines Bestandes hinsichtlich verschiedener Störungen.

Die Vorgeschichte eines Bestandes lässt sich anhand verschiedener Zeichen einigermassen erkennen und damit auch beurteilen. So deuten z.B. viele Steiläste auf häufige ehemalige Verzwieselung hin. Wenn diese Erscheinung nicht hauptsächlich durch genetisch schlechte Veranlagung bedingt ist, so weist sie auf besondere Risiken klimatischer Art, wie z.B. Nassschnee oder Spätfröste usw. hin.

Referenzen

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