3.2.2 Für ungleichförmige Bestockungen

Aus Wiki Waldmanagement
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Zum Inhaltsverzeichnis

Die Kraft'sche Klassifikation ist in stufigen Beständen nicht sinnvoll anwendbar, da sie sich im Idealfall auf mehr oder weniger gleichaltrige, sich gegenseitig konkurrenzierende Individuen in geschlossenen, gleichförmigen Kollektiven bezieht.

In stufigen Beständen sind neben der Menge des einfallenden Lichtes und der Fähigkeit eines Baumes, dieses Licht ausnützen zu können noch weitere Eigenschaften für die individuelle Weiterentwicklung eines Baumes von Bedeutung. Dabei ist sowohl die unterschiedliche Vitalität der Bäume wie auch deren unterschiedliche Fähigkeit zu einem sozialen Umsetzen in eine höhere Stufe entscheidend. Aus diesem Grund empfiehlt es sich zur Beschreibung einzelner Bäume in gemischten und vor allem in stufigen Beständen die sog. IUFRO-Klassifikation (International Union of Forest Research Organisation), wie sie von Leibundgut (1965) vorgeschlagen wurde, zu verwenden. Es handelt sich um ein auf drei waldbaulichsoziologischen und drei wirtschaftlichen Kriterien aufgebautem System aufgrund eines Vorschlages von Schädelin (1931)<ref>Schädelin, W., 1931: Ueber Klasseneinteilung und Qualifikation der Waldbäume. Schweiz. Z. Forstwes. 82, 1: 1-12.</ref>. Jedes Kriterium wird in einer dreistufigen Skala den Werten gut (1), normal (2) oder schlecht (3) taxiert.

Tabelle 3.19: IUFRO Klassifizierung für stufige Bestockungen

Tabelle 3.19: IUFRO Klassifizierung für stufige Bestockungen Definition und Abgrenzung der Klassifikationskriterien

Höhenklassen: Der vom Bestand besetzte Luftraum wird in drei Stufen in Funktion der Oberhöhe unterteilt. Die Einzelbäume werden dementsprechend drei Höhenklassen zugewiesen:

  • 100 obere Höhenklasse: Am oberen Kronenschirm teilnehmend; Baumhöhe mehr als zwei Drittel der Oberhöhe.
  • 200 mittlere Höhenklasse: Am oberen Kronenschirm nicht teilnehmend; Baumhöhe ein bis zwei Drittel der Oberhöhe.
  • 300 untere Höhenklasse: Baumhöhe weniger als ein Drittel der Oberhöhe.

Vitalitätsklassen: Anhand des Gesundheitszustandes, des Wuchsvermögens und anderer Merkmale werden gutachtlich drei Vitalitätsklassen gebildet:

  • 10 üppig entwickelte Bäume
  • 20 normal entwickelte Bäume
  • 30 kümmerlich entwickelte Bäume

Klassen gemäss der sozialen Umsetzungstendenz: Gemäss der gutachtlichen Beurteilung eines Baumes, seine soziale Position im Vergleich zu den Bäumen derselben Höhenklasse zu verändern, wird der Baum einer der drei Umsetzungs-klassen zugewiesen. Da sich diese Tendenz vor allem in der relativen Grösse des Höhen-wachstums äussert, beurteilt man dazu vor allem die Entwicklung der Höhentrieblängen.

  • 1 Bäume mit soziologisch aufsteigender Tendenz
  • 2 soziologisch gleichbleibende Bäume
  • 3 Bäume mit soziologisch absteigender Tendenz


Klassen nach dem waldbaulichen Wert:

  • 400 Auslesebäume, die bezüglich ihrer Qualität, ihres Ertragsvermögens oder anderer Eigenschaften waldbaulich besonders wertvoll und daher förderungswürdig sind (Wertträger).
  • 500 Nützliche Nebenbäume, die entweder als Begleitbaum oder als Füllmaterial nützliche oder zur Erhaltung der Standortsgüte unentbehrliche Bestandesglieder darstellen.
  • 600 Schädliche Nebenbäume, welche die Auslesebäume behindern oder sonstwie die Wertholzerzeugung beeinträchtigen.

Schaftgüteklassen:

Die Schaftgüte muss je nach den örtlichen, wirtschaftlichen Verhältnissen und den für die einzelnen Baumarten geltenden Normen von Fall zu Fall anders gewertet werden.

  • 40 Wertholz: Mindestens 50 % der Schaftmasse sind zur Zeit der Nutzung mutmasslich wertholztauglich; also gemäss den Sortierungskriterien den Qualitäten A entsprechend.
  • 50 Normalholz: Mindestens 50 % der Schaftmasse sind zur Zeit der Nutzung mutmasslich normalen Ansprüchen genügend; und damit der B-Qualität entsprechend.
  • 60 Fehlerholz: Weniger als 50 % der Schaftmasse sind zur Zeit der Nutzung normalen Ansprüchen genügend. Damit ist die Mehrheit der Schaftmasse in D-Qualität zu erwarten.

Kronenlängenklassen:

  • 4 langkronig: Die Kronenlänge beträgt mehr als die halbe Baumlänge.
  • 5 mittelkronig: Die Kronenlänge liegt zwischen einem Viertel und der Hälfte der Baumlänge.
  • 6 kurzkronig: Die Kronenlänge beträgt weniger als ein Viertel der Baumlänge.

Als Beispiel: Die IUFRO-Klassifikationsziffer 123.446 beschreibt einen Baum der Oberschicht, mit mittlerer Vitalität und einer absteigenden sozialen Umsetzungstendenz. Es handelt sich um einen Elitebaum mit guter Schaftqualität, der aber leider nur eine schlecht entwickelte Krone aufweist. Es lässt sich nicht bestreiten, dass in dieser Klassifikation enge Zusammenhänge zwischen bestimmten Kriterien, z.B. zwischen der Kronenlänge und der Vitalität, bestehen. Deshalb sind nicht alle theoretisch möglichen Kombinationen auch realistisch.


Referenzen

<references/>