3.1.6 Die Bestockungsdichte

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Unter dem Begriff Schlussgrad versteht man das Mass der Bedrängung der Kronen innerhalb derselben Schicht. Der Begriff ist natürlich besonders für Bestände mit horizontalem Schluss von Bedeutung.

Man kann den Schlussgrad durch ein Dichtemass definieren, aber auch verbal auf folgende Art: (siehe dazu auch Abb. 3.8).

  • gedrängt: Die Kronen konkurrenzieren sich seitlich so stark, dass ihre normale, regelmässige Entwicklung nicht mehr gewährleistet ist; und dass deshalb vorwiegend asymmetrische, einseitige, deformierte und kurze Kronen (Kronenlänge unter ¼ der Baumlänge) entstehen.
  • normal: Die meisten Kronen weisen eine Kronenlänge von 1/4 - 1/3 der Baumlänge auf. Die Kronen berühren sich. Zwischen den Kronen gibt es einzelne Zwischenräume.
  • licht: Zwischen den einzelnen Kronen bestehen kleine Lücken, die jedoch so gering sind, dass noch eine gegenseitige Beeinflussung der Kronen, z.B. in Form von Beschattung oder Berührung bei Wind besteht.
  • locker: Zwischen den einzelnen Kronen bestehen so grosse Zwischenräume, dass eine gegenseitige Beeinflussung praktisch wegfällt. Es besteht zwar noch eine geringe gegenseitige Beschattung aber keine Berührung mehr bei Wind. Die vorhandenen Zwischenräume sind allerdings noch nicht so gross, um ganze normale Kronen einschieben zu können.
  • räumig: Es kann nicht mehr von einem eigentlichen Kronenschluss gesprochen werden. Die Kronen sind aber noch ziemlich regelmässig verteilt. Einige Zwischenräume wären gross genug, um ganze Kronen einschieben zu können.
  • lückig: Der Kronenschluss weist so grosse Unterbrechungen, d.h. Löcher, auf, dass an jenen Stellen die Kronen mehrerer Bäume eingeschoben werden könnten.

Abb 3.8.png

Abb. 3.8: Die Schlussgrade.


Numerische Ausdrücke der Bestandesdichte

Sowohl für eine rasche Schätzung der gesamten Bestandesdichte, wie auch für wissenschaftliche Studien der Wettbewerbsphänomene, ist es notwendig, Ausdrücke für die Dichte zu definieren, welche unabhängig vom Alter und vom Entwicklungszustand sind. Je nach Ansprüchen verwendet man die folgenden verschiedenen numerischen Grössen:

Der Deckungsgrad beschreibt jenen Anteil der Bestandesfläche, der durch die senkrechte Kronenprojektion bedeckt ist. Er ist der Quotient aus der Summe aller Kronenprojektionen (ohne Berücksichtigung der Kronenüberschneidungen) und der Gesamtfläche. Ein Deckungsgrad von 1.0 bedeutet, dass die gesamte Fläche des Waldbodens in mindestens einfacher Weise von Kronen überschirmt ist. Da gemäss Definition der Deckungsgrad mehrfache Überschirmungen nicht berücksichtigt, kann er den Wert von 1.0 nicht übersteigen (siehe dazu Abb. 3.9).

Abb 3.9 3.10.png

Der Deckungsgrad lässt sich gutachtlich relativ leicht und rasch im Wald abschätzen. Dazu schätzt man vorzugsweise zuerst seinen Reziprokwert, nämlich der nicht durch die Kronenprojektion bedeckte Flächenanteil. Der Deckungsgrad eignet sich besonders bei Bestandesbeschreibungen; und zwar sowohl für die Gesamtheit eines Bestandes wie auch für die einzelnen Schichten oder Höhenklassen. In diesem Fall entspricht die Summe der Deckungsgrade der verschiedenen Schichten oder Höhenklassen logischerweise nicht dem Deckungsgrad das gesamten Bestandes.

Der Beschirmungsgrad ist eine ähnliche Grösse wie der Deckungsgrad, allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass hier die mehrfachen Überschirmungen mitberücksichtigt werden (siehe Abb. 3.10). Man definiert ihn als Quotient aus der Summe der ganzen Kronenprojektionen aller Bäume des Bestandes und der Bestandesfläche. Diese Grösse ist für numerische Verwendungen besonders angebracht, bei Vorliegen von Messungen der Kronenbreiten.

Im Gegensatz zum Deckungsgrad kann der Beschirmungsgrad den Wert von 1.0 manchmal sehr deutlich überschreiten. Zwischen dem Deckungsgrad und dem Beschirmungsgrad von gleichförmigen Beständen besteht gemäss Assmann (1961), eine Differenz von ungefähr 17- 18%. Gemäss unseren eigenen Beobachtungen liegt er in jungen Beständen nach Pflegeeingriffen mittlerer Eingriffsstärke etwa bei 1,25. Im Falle von kräftigen Eingriffen ist noch etwa ein Beschirmungsgrad von 1,10 zu erwarten, während man nach schwachen Eingriffen noch etwa mit einem Wert von 1,40 rechnen kann. In stufigen Beständen, insbesondere im Plenterwald, kann er den Wert 2.0 oder mehr erreichen (siehe Abb. 3.11)

Abb 3.11.png

Abb. 3.11: Unterschiede zwischen Deckungsgrad und Beschirmungsgrad am Beispiel von zwei Plenterwäldern. Aufriss der Kronenprojektionen. (nach Schütz, 1979)<ref>Schütz, J.-Ph., 1979: Le chêne est-il devenu l'enfant pauvre de notre sylviculture? Schweiz. Z.Forstwes. 130, 12: 1047-1070.</ref>

Der Plenterwald von Les Joux (Oben) weist einen Beschirmungsgrad von 0,76 und einen Deckungsgrad von 0,65 auf. Der dichtere Plenterwald von Steffisburg (unten) weist einen Beschirmungsgrad von 1,71 und einen Deckungsgrad von 0,85 auf.

Der Bestockungsgrad ist ein Ausdruck der Bestockungsdichte bei Betrachtung ihrer Produktion, d.h. unter Zugrundelegung einer Ertragstafel. Er gibt das Verhältnis zwischen der tatsächlich vorhandenen Grundfläche eines konkreten Bestandes und der theoretischen Grundfläche der Ertragstafel (Referenzmodellbestand) an, bei entsprechendem Alter und Bonität. Der Bestockungsgrad dient hauptsächlich als Bezugsgrösse für die Anpassung der Zuwachsschätzungen.

Es existieren noch viele andere Ausdrücke für die Dichte, welche mehr oder weniger unabhängig vom Entwicklungszustand sind und hauptsächlich für Forschungsarbeiten gebraucht werden. Es sollen hier drei davon genannt werden, welche ein gewisses Interesse hervorrufen.

Der Abstandskoeffizient von Hart und Becking

Hart (1928)ref>Hart, H.M.F., 1928: Stamtal en dunning, Een orienteerend onderzoek naar de beste plantwijdte en dunningswijze voor den djati. Veenman & Zonen, Wageningen, 219 S.</ref> und später Becking (1952)<ref>Becking, J.H., 1952: The economy of heavy thinning in Douglas-fir plantations (Neederl.). Nederl. Boschbouw Tidjschrift 24, 10: 257-269.</ref> haben einen bestandskoeffizienten k entwickelt:

k = A / (Ho∗100)

wobei A der mittlere (quadratische) Abstand zwischen den Bäumen eines Bestandes. Er ist gleich 100 / N;

N die Stammzahl / ha

und Ho die Oberhöhe (m) ist.

k bezeichnet den relativen Abstand der Bäume proportional zur Höhe des Bestandes. Dieser Koeffizient wurde ursprünglich für die Charakterisierung der Dichte junger Bestände gebraucht. Da die Beziehung zwischen der Bestandeshöhe und der Dimension der Kronen oder dem Abstand der Bäume nicht konstant ist, verändert sich der Koeffizient mit dem Alter und damit weist er gewisse Grenzen auf. Der Gebrauch dieses Koeffizienten ist insbesondere unangebracht, wenn der Höhenzuwachs bereits abgeschlossen ist.

Der mittlere Baumabstand

Da er leicht zu veranschaulichen ist, ist der mittlere Abstand der Bäume eines Bestandes ohne Zweifel eines der einfachsten Kriterien zur Beschreibung der Bestandesdichte.

Wenn die Bäume eines Bestandes optimal verteilt sind, (Dreiecksverteilung, d.h. Besetzung der Eckpunkte von gleichseitigen Dreiecken), so gilt die folgende Formel für die durchschnittliche, von einem Baum eingenommene Fläche (a2) als Quadrat des Abstandes a:

a2 = ( 10000 ∗ 2 √3 ) / N = ( 10000 ∗ 1,155 ) / N
N entspricht dabei der Stammzahl pro ha.

In Wirklichkeit beträgt der Raumausnützungsfaktor nicht immer genau 1.155 (d.h. 2 * Wurzel 3), sondern nähert sich in alten Beständen dem Wert von 1.05<ref>Schütz, J.-Ph., 1985: La production de bois de qualité dans la forêt jardinée. Ann. Gembloux 91: 147-161.</ref>.

Der mittlere Abstand (a) zwischen den Bäumen beträgt also:

a = √ ( 11550 / N ) = 107,5 / √ N .

Die Kronenbedrängungsgrad (Schütz, 1984)<ref name="Schütz">Schütz, J.-Ph., 1984: Zur Kontrolle der Bestanesdichte und der Durchforstungsstärke. Schweiz. Z. Forstwes. 135, 2: 113-122.</ref>

Dieser Koeffizient, welcher anhand der Messungen der Kronenprojektionen berechnet wird, gibt die mittlere gegenseitige Überdeckung der Kronenprojektion an; und zwar in % des mittleren Abstandes zwischen den Kronen (oder in % des mittleren Kronendurchmessers).

KBG = KD ∗ √ N / 107.5
KD ist dabei die mittlere Kronenbreite.
N die Stammzahl pro ha.

Ein KBG von 1,1 zeigt an, dass sich die Kronen im Mittel auf 10% ihrer Breite überschneiden. Die Vorteile dieser Formel liegen in der konkreten Darstellung des seitlichen Wettbewerbes zwischen den Kronen und der Tatsache, dass die Grössen direkt im Bestand geschätzt oder gemessen werden können. Eine direkte Messung der Kronenprojektionen ist nicht unbedingt notwendig.

Gemäss unseren Beobachtungen in relativ jungen, gleichförmigen Beständen, variieren die Kronenbedrängungsgrade KKB zwischen folgenden Werten:

  • 1,0 zeigt in Pflanzungen, dass der Moment des Bestandesschlusses erreicht ist. In älteren Beständen zeigt dieser Wert der Beginn einer Unterbrechung des Kronenschlusses an.
  • 1,1 entspricht der Bestockungsdichte nach kräftigen Pflegeeingriffen.
  • 1,2 ist die Dichte von normal gepflegtem Stangenholz und schwachem Baumholz.
  • 1,8 ist die maximale Dichte von selbstbelassenen Beständen.


Referenzen

<references/>