2.4.3. Möglichkeiten der Waldbaulichen Kontrolle der Klebastbildung

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Die mechanische Entfernung von Wasserreisern erweist sich als völlig illusorisch, es sei denn, sie sind noch nicht verholzt<ref name="Evans">Evans, J., 1983: Le contrôle des gourmands. Etat actuel des recherches en Grande-Bretagne. Rev. forest. Fr. 35, 5: 369-375.</ref>. In solchen Fällen bilden sich auf dem Wundgewebe von entfernten Wasserreisern Adventivknospen, welche meist wieder zur Bildung von neuen Wasserreisern bzw. Klebästen führen. Verschiedene andere technische Schutzmassnahmen, wie etwa das Überpinseln des Stammes mit Anstrichmitteln oder die Einwicklung der Stämme mit Polyäthylenfolien haben sich als erfolglos erwiesen<ref name="Evans">Evans, J., 1983: Le contrôle des gourmands. Etat actuel des recherches en Grande-Bretagne. Rev. forest. Fr. 35, 5: 369-375.</ref>.

Im Gegensatz zu diesen technischen Massnahmen versprechen waldbauliche Mittel mehr Erfolg. Die Förderung von kräftigen, vitalen Bäumen mit gut entwickelten Kronen durch Durchforstungseingriffe versichert ein guter physiologischer Zustand und ein ausgeglichener Hormonhaushalt der Bäume und garantiert somit die Aufrechterhaltung der Dormanz der schlafenden Knospen. Das ist der Grund, warum beim Qualitätswaldbau mit klebastanfälligen Baumarten (z.B. Eiche) kräftige Pflegeeingriffe ab Stangenholz zu empfehlen sind. Andererseits ist die Begründung bzw. Förderung eines erzieherischen Nebenbestandes die wirksamste Massnahme.

Eine weitere Form der Sicherstellung von klebastfreien Stämmen geht über die Förderung einer guten Umhüllung der Hauptstämme durch sozial untergeordnete Elemente einer Bestockung (oder Nebenbestand). Als Nebenbestand versteht man die sich im Unterwuchs einstellende und sozial untergeordnete Baumbestockung, welche sich von Beginn an oder wesentlich später einstellt. Je nach der Funktion des Nebenbestandes unterscheidet man zwischen Nebenbestand mit bodenpflegerischen, stammerzieherischen Funktionen oder die einer additiven Produktion.

Nebenbestand mit bodenverbessernder Funktion

In fast allen Bestandestypen ist die Anwesenheit im Unterstand von nützlichen, kommensalen Begleitbaumarten erwünscht. Dies wird unter anderem aus Gründen der ökologischen Diversität und zur Vermeidung von allelopathischen Problemen während der Verjüngungsphase angestrebt. Diese Begleitbaumarten sollen dabei vorzugsweise in untergeordneter sozialer Stellung, im Unterholz bis in der Mittelschicht bleiben. Wenn der Nebenbestand aus boden- und bestandesklimaverbessernden Baumarten zusammengesetzt ist, trägt er zur Schaffung der biologischen Aktivität des Standortes bei (siehe dazu Abb. 2.20).

Dies kann besonders auf Standorten mit reduzierter Nährstoffversorgung sehr nützlich sein. Günstig wirkend sind dabei Baumarten, deren Laubstreu schnell abgebaut wird, und welche zusätzlich den Halbschatten dauerhaft ertragen. Dies sind die Linde und die Hagebuche, auf vernässten Böden die Traubenkirsche und auf trockeneren Standorten die Elsbeere. Wenn sich ein solcher Nebenbestand einmal installiert hat, so bedarf er, mit Ausnahme der Lichtdosierung zur Sicherung einer ausreichenden Entwicklung, kaum mehr besonderer Aufmerksamkeiten.

Abb 2.20.png

Abb. 2.20: Abbaugeschwindigkeit der Streu der Hauptbaumarten.

nach Scheffer und Ulrich (1960)<ref name="Scheffer und Ulrich">, P., Ulrich, B., 1960: Lehrbuch der Agrikulturchemie und Bodenkunde. Bd. I: Morphologie, Biologie, Chemie und Dynamik des Humus. 2. Aufl., Stuttgart, 266 S.</ref>; in: Ellenberg (1963)<ref>Ellenberg, H., 1963: Vegetation Mitteleuropa mit den Alpen. Ulmer, Stuttgart, 943 p.</ref>

Nebenbestand mit additiver Produktion

In einem anderen Fall, nämlich demjenigen, wo der Hauptbestand aus Lichtbaumarten besteht, welche während der Phase des starken Wachstums eine Lichtkrone benötigen, die praktisch frei von seitlicher Konkurrenz sein muss, wird der vorhandene Wuchsraum nicht vollständig ausgenutzt. Somit bleibt genügend Platz und Licht für eine ergänzende, zusätzliche Produktion übrig. Dies ist z.B. unter der Lärche und in geringerem Ausmass auch unter der Waldföhre der Fall. Um in einem solchen Fall die negativen Einwirkungen der Nebenbaumarten durch Einwachsen im Kronenraum zu vermeiden, ist es wünschenswert, dass der Nebenbestand mit einer genügend zeitlichen Verschiebung begründet wird, egal ob er sich natürlich installiert oder ob er künstlich eingebracht wird. Geeignete Baumarten sind dabei: Buche, Hagebuche, Linde oder anderen schattenertragenden Baumarten.


Nebenbestand mit erzieherischer Funktion

Ein Nebenbestand mit erzieherischer Funktion ist angebracht für den Schutz gegen Entwicklung von unerwünschten Klebästen. Im Fall einer empfindlichen Baumart soll der Nebenbestand, die Schaftachsen der Elitebäume des Hauptbestandes gut einpacken. In solchen Fall ist der Nebenbestand ein wesentlicher Bestandteil des Produktionskonzeptes. Es ist empfehlenswert, ihm schon von Beginn der Gründung des Hauptbestandes einzubringen bzw. während der ganzen Phase der Pflegeeingriffe die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. Dies gilt hauptsächlich für das Waldbauziel der Eichen-Qualitätsholzproduktion, aber auch für andere Baumarten wie etwa Ulme und Linde.

Das Problem eines solchen Nebenbestandes mit erzieherischer Funktion besteht darin, dass er einerseits dem Hauptbestand immer untergeordnet und auf den Wuchsraum unterhalb der Kronenschicht der Hauptbaumarten begrenzt bleibt, trotzdem aber praktisch während der ganzen Produktionsdauer genügend dicht sein muss, um die Erfüllung seiner Funktion gewährleisten zu können. Dazu ist notwendig, dass die Baumarten, welchen diese Rolleübertragen wird, einerseits den Schatten gut ertragen, sich aber andererseits auch nicht zu schnell entwickeln, da sonst das Risiko besteht, dass sie in die Kronen der Eichen in der Hauptschicht einwachsen. Ferner müssen die Baumarten des Nebenbestandes sich auch ausreichend verjüngen können, um eventuelle unvermeidliche bzw. unvorhergesehene Ausfälle ersetzen zu können.

Allein die Winterlinde, die Hagebuche und die Buche können gleichzeitig all diese einschränkenden Anforderungen erfüllen. Auch Nadelbäume, namentlich Tanne und Fichte, könnten diese Funktionen während einer gewissen Zeit erfüllen. Aus Gründen von Verjüngungsschwierigkeiten und insbesondere ihrer Tendenz, zu schnell von unten her in die Hauptschicht einzuwachsen und dabei die Kronen der Wertträger zu durchdringen, sind sie nicht zu empfehlen. Ferner ist bei den Nadelbäumen das Risiko zu gross, dass sie in Trockenperioden stark in Mitleidenschaft gezogen werden oder gar ganz ausfallen und dadurch ihre Funktion nicht mehr ganz erfüllen können.

Heute, aus der Sicht eines aktiven Eichenwaldbaus mit einer Umtriebszeit von ungefähr 160 Jahren, empfiehlt man, im Falle der künstlichen Bestandesbegründung durch Pflanzung, die Begleitbaumart ebenfalls gleich zu Beginn, d.h. gleichzeitig mit den Eichen einzubringen. Die untergeordnete Baumart hat sehr oft die Neigung, schneller als die Eiche zu wachsen. Deshalb ist es empfehlenswert, die Nebenbestandesbaumarten im Zuge der Jungwuchs- und allenfalls auch der Dickungspflege, wenn nötig sogar mehrere Male, zurückzuschneiden (bzw. zu köpfen).

In natürlich entstandenen Jungwüchsen soll die Entwicklung der Begleitbaumarten ebenfalls sehr früh begünstigt werden. Der Nebenbestand, der ja auf die Unterschicht beschränkt bleiben muss und sich nur langsam entwickeln darf, muss aber ab der Stufe der Stangenholzes genügend gut entwickelt sein. Da die Eichen aus erzieherischen Gründen in der Jugend, d.h. auf jeden Fall während der Dickungsphase, noch dicht gehalten werden müssen, soll gut auf die Regelung der Bestockungsdichte geachtet werden. Man stellt jedenfalls eine gute Beziehung zwischen der Dichte des Eichenhauptbestandes, ausgedrückt in der Grundfläche, und dem Ausmass der Entwicklung des Nebenbestandes fest (siehe Abb. 2.21).

Abb 2.21.png

Abb. 2.21: Entwicklung des Nebenbestandes unter Eichenbestockungen in Abhängigkeit der Dichte der Hauptbestockung (gemessen an seiner Grundfläche). nach Schütz und Badoux (1979)<ref name="Badoux">Schütz, J.-Ph., Badoux, E., 1979: Production de jeunes peuplements de chênes en relation avec la station. Mitt. Eidg. Anst. forstl. VersWes. SS, 1: 5-141.</ref>

Somit kann man für die Jugenderziehung vorschlagen, die Eichen vorläufig eher dicht zu behalten. Im Stangenholz dagegen, (wenn die Erziehung der Eichen, d.h. die Bildung ihrer Schaftachsen, mehr oder weniger abgeschlossen ist, wird dann die Dichte der Bestockung merklich reduziert, um dadurch die Entwicklung und die Entfaltung des Nebenbestandes zu sichern. Letztendlich, ab dem starken Stangenholz, wenn sich der Nebenbestand soweit entwickelt hat, dass er seine Funktion der Umhüllung der Stämme der Elitebäume erfüllen kann, ist es empfehlenswert, die Stärke der Eingriffe wieder zu mässigen. Die Dichte von derart gepflegten Eichenbeständen folgt damit in der Jugend einem modulierten Verlauf, wie er in der Abbildung 2.22 dargestellt ist.

Abb 2.22.png

Abb. 2.22: Vorgeschlagene Bestockungsdichten bei der waldbaulichen Behandlung von Werteichen, um die Entwicklung des Nebenbestandes zu fördern. nach Schütz und Badoux (1979)<ref name="Badoux">Schütz, J.-Ph., Badoux, E., 1979: Production de jeunes peuplements de chênes en relation avec la station. Mitt. Eidg. Anst. forstl. VersWes. SS, 1: 5-141 </ref>

Als Alternative besteht die Vorstellung, bei der Bestandesbegründung Samenbäume für den Nebenbestand der Hauptbaumart extensiv zu vermischen (in sehr vereinzelten Truppen), welche später für eine natürliche Ansamung der Nebenbestandbaumarten sorgen sollen. Eine weitere Alternative stellt die Methode der Eiche ab der Dickungsstufe in sozial gleichwertiger Mischung mit einer anderen Laubbaumart, vorzugsweise der Hagebuche, die der Gestaltung des Wuchs- bzw. Kronenraumes dient, dar. Durch eine entsprechende Pflegepraxis sorgt man allerdings dafür, dass die Begleitbaumart nicht zu stark dominiert. Dabei strebt man an, eine Grundflächenhaltung des Eichenbestandes von nur etwa 8 m2 / ha zu erreichen.

Wie dem auch sei, die Anwesenheit eines gut entwickelten Nebenbestandes führt zu einer Vereinfachung der Durchforstungseingriffe in den Entwicklungsstufen des Stangen- und Baumholzes. Die Anwesenheit eines Nebenbestandes erlaubt in der Tat eine viel feinere Dosierung der Kronenbefreiungseingriffe. Um den Nebenbestand zu begründen, wählt man am besten jene der erwähnten Arten, welche sich auf dem fraglichen Standort am wenigsten wohl fühlt und welche deshalb unter diesen Bedingungen auch keine allzustarke Wuchskraft ausübt.

Die grösste Schwierigkeit bei der Nebenbestandespflege ist die Sicherung einer genügenden Stabilität. Da die Nebenbestandesbäume im Halbschatten aufwachsen, haben sie die Tendenz, sehr zierlich und feinwüchsig zu bleiben und unter Schneefällen oder starken Gewitterregen zu leiden. Eine genügende Stabilität des Nebenbestandes erreicht man am besten, indem man eine stufige Struktur anstrebt. Dazu kann man, neben anderen Massnahmen zur Stabilisierung, auch das Köpfen bzw. ein Zurückschneiden der Krone der Nebenbestandesbäume ins Auge fassen.

Referenzen

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