2.3.3 Das Phänomen der Zwieselbildung

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Die Auflösung der Stammachse infolge der Verzwieselung ist das Phänomen, welches für die Schaftform am meisten bestimmend ist. Dabei ist es wichtig, die Ursache der Zwieselbildung in Verbindung mit den bereits erklärten Formtypen zu verknüpfen. Es geht auch darum, zu verstehen, ob nach einer Verzweigung des Endtriebes, die Auflösung der Schaftachse definitiv besteht (sog. Dauerzwiesel) oder, unter welchen Umständen sich Zwiesel zurückbilden.

Wir unterscheiden grundsätzlich, vom Hergang betrachtet, zwei Formen von Zwiesel:

  • Der traumatische Zwiesel, von einer äusseren Einwirkung wie Verlust der Endknospe infolge von Wildverbiss, Frost oder Einschlüpfen von Insektenlarven geprägt. Letzteres erfolgt z.B. bei der Esche durch die Einwirkung der Eschen-Miniermotte (Prays curtisellus). Dieses Insekt bohrt seine Larven in die Endknospe der Esche ein <ref>Miegroet, M., v. 1956: Untersuchungen über den Einfluss der waldbaulichen Behandlung und der Umweltsfaktoren auf den Aufbau und die morphologischen Eigenschaften von Eschendickungen im schweizerischen Mittelland. Mitt. Schweiz. Anst. forstl. VersWes. 32, 6: 229-370.</ref>.
  • Der physiologische Zwiesel infolge Schwächung der apikalen Dominanz und daran gebunden die gleichwertige Entwicklung von Seitentrieben. Sie erfolgt z.B. bei der Buche nach einer vorübergehende Störung der apikalen Dominanz bzw. enig ausgeprägte Knospenposition. Dies geschieht beispielsweise bei der Prolepsis, weil die ausruhende Endknospe eine geringere apikalen Dominanz aufweist, weil sie weniger wirksame Knospenschuppen ausbildet<ref>Barnola, P., Alatou, D., Parmentier, C., Vallon, C., 1993: Approche du déterminisme du rythme

de croissance endogène des jeunes chênes pédonculés par modulation de l'intensité lumineuse. Ann. Sci. For. 50: 257 - 272.</ref>.

Bei der traumatischen Zwiesel, oft bei Esche und allenfalls bei Ahorn festzustellen, ist die Ursache völlig zufälliger Natur, also unvoraussehbar. Nach Verlust der Endknospe, nach Frost oder Minierung durch Larven der Eschenmotte, entwickeln sich bei den Baumarten mit gegenständigen Knospen zwei gleichwertige Ersatztriebe, die sich normalerweise nicht rechtzeitig zurückbilden. Sie führen meistens zur definitiven Auflösung der Schaftachse, also zur Bildung von Dauerzwiesel. Weil nicht voraussehbar, kann die Abwehr nur darin bestehen, zu warten, bis eine Stammachse von ca. 10 m entstanden ist und auf dem Weg der Auslese genügend zwieselsfreie Kandidaten auszuwählen. Bei physiologisch bedingter Zwieselbildung, oft zu beobachten bei Buche, Eiche, Linde (Ulme), stehen physiologische Ursachen im Vordergrund.

Mit dem Begriff axiale Dominanz verstehen wir die Eigenschaften, die zur Bildung leitender unverzwieselter Schäfte (oder Wipfelschäftigkeit) führt, unter komplexer Einwirkung mehrerer Faktoren<ref>Champagnat, P., 1965: Physiologie de la croissance et de l'inhibition des bourgeons: dominance apicale et phénomènes analogues. Encyclopedia of plant physiolog. 15, 1: 1106-1164.</ref><ref>Champagnat, P., 1969: La notion de facteurs de préséances entre bourgeons. Bull. soc. bot. Fr. 116: 323-348.</ref><ref>Lavarenne, S., Champagnat, P., Barnola, P., 1971: Croissance rythmique de quelques végétaux ligneux de régions témperées cultivés en chambres climatisées à température élevée et constante et sous diverses photopériodes. Bull. Soc. bot. Fr. 118: 131-162.</ref>. Diese Eigenschaft hängt sowohl von der genetischen Veranlagung, wie auch von Umweltfaktoren ab. Wichtig ist, dass das Ergebnis früh erkennbar ist (siehe Abb. 2.10).

Kurth (1946)<ref name="Kurth">Kurth, A., 1946: Untersuchungen über Aufbau und Qualität von Buchendickungen. Mitt. Schweiz. Anst. forstl. VersWes. 24, 2: 581-658.</ref> und später auch Bolvansky (1980/81)Buchenindividuen in der Wachstumsphase der [hatEntwicklungsstufe::Dickung]] (Tschech.). Acta dendrobiologica 3/4: 199-245.</ref> haben aufgezeigt, dass die Länge des letzten Internodiums, d.h. der Abstand zwischen der Endknospe und der obersten Seitenknospe (siehe Abb. 2.13, Typ a), ein guter Weiser für die apikale Dominanz ist. Dies wurde später durch zahlreiche physiologische Arbeiten bestätigt<ref>Barnola, P., Crochet, A., Payan, E., Gendraud, M., Lavarenne, S., 1986: Modification du métabolisme énergétique et de la perméabilité dans le bourgeon apical et l'axe sous-jacent au cours de l'arrêt de croissance momentané de jeunes plants de chêne. Physiol. Vég., 24: 307-314.</ref>. Die Bildung von doppelten Endknospen bei der Buche (Typen b und c der Abb. 2.13) ist eine Extremform kurzer Endinternodien. Sie führt zur Erhöhung des Risikos einer Verzwieselung, insbesondere wenn die Endknospen gleiche Grösse aufweisen.

Abb 2.13.png

Abb. 2.13: Unterschiedliche Knospenstellung bei jungen Buchen mit von rechts nach links abnehmender apikalen Dominanz. Diese ist in Zusammenhang mit der Kürze der Endinternodien zu stellen. <ref name="Bolvanski">Bolvansky, M., 1980/81: Einige Ursachen von Gabelung des Stammes bei jungen Buchenindividuen in der Wachstumsphase der Dickung (Tschech.). Acta dendrobiologica 3/4: 199-245.</ref>(<ref name="Kurth">Kurth, A., 1946: Untersuchungen über Aufbau und Qualität von Buchendickungen. Mitt. Schweiz. Anst. forstl. VersWes. 24, 2: 581-658.</ref>

Es bestehen gewisse Gründe anzunehmen, dass Prolepsisbildung die Tendenz zur Zwieselbildung fördert. Sie führt zur Bildung kürzerer Internodien. Darüber hinaus spielen die Belichtungsverhältnisse eine wichtige Rolle.

Referenzen

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