2.3.1 Bedeutung der Schaftarchitektur für den Waldbau

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Die Art und Weise der Entstehung der Baumgestalt (Morphogenese) ist bei Baumgewächsen, geschweige bei Holzgewächsen, recht unterschiedlich. Das Studium der sog. Schaftarchitekturmodelle und der Gründe ihrer Entstehung sind für den Waldbau von entscheidender Bedeutung. In der Tat bilden Waldbäume nicht notgedrungen durchgehende dominierende (sog. wipfelschäftige Stämme), sondern bei vielen insbesondere bei den Laubbaumarten besteht eine Tendenz zur Verzweigung bzw. Verzwieselung. Abb. 2.9 zeigt die zwei Grundtypen eines aufrechtes Wuchses (sog. Akrotonie oder Wipfelschäftigkeit) und andererseits die frühe Auflösung der Stammachse (sog. sympodische Verzweigung oder Zwieselschäftigkeit).

Sogar innerhalb der Nachkommen, also in einer Population der gleichen Baumart, sind solche unterschiedliche Verzweigungstypen zu beobachten, weil offensichtlich die Architekturmodelle nicht nur aufgrund angeborener Muster zustandekommen, sondern auch durch ihre Expressivität, die von der Einwirkung äusserer Einflüsse wie Licht, Wärme usw., abhängen. Dies ist insbesondere bei wirtschaftlich wichtigen Baumarten wie Buche und Eiche augenfällig (Image:Abb 2.9.png|Abb. 2.9), wie schon Krahl-Urban (1953)<ref>Krahl-Urhan, J., 1953: Baumtypen bei Eichen und Buchen. Allg. ForstZ. 8, 20: 245-248.</ref> feststellte, aber auch bei Linden und Ulmen. Aus genetischer Sicht weiss man, dass die Formvariation innerhalb einer Baumpopulation wesentlich grösser ist als zwischen Populationen oder Provenienzen <ref>Comps, B., Paule, L., Sugar, I., Thiébaut, B., Trinajstic, I., 1991: Genetic variability in beech woods (Fagus sylvatica L.) over Central Europe, allozymic variation in six enzyme systems: spatial differenciation among and within populations. In: 3. IUFRO Buchen-Symposium, 3.-6. Juni 1988 in Zvolen: 5-21</ref>.

Grundsätzlich erkennt man relativ einfach zwei gegensätzliche Archetypen, nämlich einerseits den unverzweigten Stamm, der eine durchgehende Achse aufweist (Der Name des Attributs „hatSchaftverzweigungsform</br>“ enthält das ungültige Zeichen „LF“, das nicht hierfür verwendet werden kann.) und andererseits der Zwieseltyp, dessen Stammachse eine starke Neigung zur Verzweigung in zwei oder mehrere Achsen aufweist. Die erste Form fällt durch ihr ausladendes Astwerk auf, während bei der zweiten Form die Äste einen spitzigen Winkel zur Stammachse aufweisen. Daneben gibt es zahlreiche Zwischenformen. Nach Krahl-Urban (1953)<ref>Krahl-Urban, J., 1953: Rassenfragen bei Eichen- und Buchen. Allg. ForstZ. 8: 478-480.</ref> kann man letztlich am Beispiel der Buche (und analogerweise der Eiche) die drei folgenden Formen (siehe dazu Abb.2.10) unterscheiden:

a) Der wipfelschäftige Baum mit einer durchgehenden, geraden, nicht verzweigten Stammachse vom monopodialen Verzweigungstyp. Diese Form ist aus waldbaulicher Sicht ideal.

b) Der Baum mit einer verbuschten, intermediären Form und leicht aufgelösten Verzweigungsform. Bäume dieses Typs tendieren dazu, Protzen zu bilden. Man spricht hier vom Besentyp.

c) Der zwieselschäftige Baum, dessen Achse die starke Tendenz hat, sich immer wieder zu verzweigen. Arnswaldt (1950)<ref>Arnswaldt, R.J., v., 1950: Die wipfelschäftige Buche. Allg. ForstZ. 5, 23: 265-267.</ref> unterteilt diesen Typ in zwei Untertypen: Der bleibenden, dauerhaften Zwiesel (Dauerzwiesel) und derjenigen, der sich mit der Zeit korrigieren kann, indem einer der Äste des Zwiesels die Oberhand gewinnt und der andere Ast sich zu einem grossen Seitenast (sog. Steilast oder Bajonett) zurückbildet.

Abb 2.9.png

Abb. 2.9: Die Schaftverzweigungsformen am Beispiel der Buche<ref>Roloff, A., 1985: Morphologie der Kronenentwicklung von Fagus silvatica L. (Rothuche) unter besonderer Berücksichtigung möglicherweise neuartiger Veränderungen. Diss. G.A. Univ. Göttingen, 178 S.</ref>

a) wipfelschäftiger Typ

b) Besentyp

c) zwieselschäftiger Typ

Weil mehr als 80 % des Holzwertes bei Hiebsreife auf den untersten, unverzweigten Schaftteil (sog. Stammholz) fällt, ist das Verständnis der Phänomene der Schaftformakquisition (sog. Morphogenese) von grosser Bedeutung, insbesondere für die Produktion von Holz mit hoher Wertschöpfung. Es besteht nämlich die Möglichkeit, auf dem Weg der frühzeitigen Auslese die günstigen Typen auszuwählen und durch waldbauliche Massnahmen entsprechend zu fördern. Es ist auch von Bedeutung, zu wissen, ob diese Formen früh erkennbar sind. Bei der Eiche, einer weiteren Baumart, die ähnlich wie die Buche innerhalb der gleichen Population sehr grosse Formmannigfaltigkeit aufweist, hat schon Krahl-Urban (1959)<ref>Krahl-Urban, J., 1959: Die Eichen. Forstliche Monographie. Parey, Hamburg & Berlin, 288 S.</ref> gezeigt, dass die Grundformen sehr früh, schon mit 3-4 m Höhe erkennbar sind (Abb. 2.10). Dies eröffnet grosse Aussichten für die günstige Wirkung einer frühzeitigen Auslese.

Abb 2.10.png

Abb. 2.10: Die Formtypen bei jungen Eiche.

a) wipfelschäftiger Typ;

b) intermediäre Form oder Besentyp;

c) Zwieseltyp

nach Krahl-Urban (1959)<ref>Krahl-Urban, J., 1959: Die Eichen. Forstliche Monographie. Parey, Hamburg & Berlin, 288 S.</ref>

Referenzen

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