1.5 Formen der Nutzungen

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Segregierung der Funktionen vs. Mehrzwecknutzung

Wie aus der historischen Entwicklung ersichtlich ist, hat sich die Nutzung der Ressourcen aus dem Walde im Laufe der Zeit wesentlich verändert. Im primitiven Sinne, nämlich der reinen Sammelwirtschaft von Holz, besteht die Waldpflege in einer elementarsten, einfachsten Form praktisch nur, um die Begründung einer Bestockung zu sichern, um sie ohne weitere Eingriffe bis zu ihrer Ernte wachsen zu lassen. In der Zeit des Aufbaus einer modernen Forstwirtschaft (etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts), wurde der Wald als reservierte Domäne der Holzproduktion betrachtet. Mittlerweile gilt das waldbaulich anspruchsvollere Ziel, herauszufinden, wie, auf einem vorgegebenen Standort die verschiedenen unterschiedlich ausgewogenen Waldfunktionen gleichzeitig erfüllt werden können. Dazu muss der Wald gleichzeitig verschiedene Leistungen erbringen, die unter gegenseitigen vernünftigen Kompromissen aufeinander abgestimmt werden müssen. Um zu diesem Ziel zu gelangen, wird ein optimaler Einsatz von verschiedenen biologischen und technischen Massnahmen unter Berücksichtigung ihrer Wirksamkeit verlangt. Immerhin, je nach Fall und je nach Wichtigkeit und Hierarchie der verschiedenen Waldfunktionen, sollen die waldbaulichen Pflegemassnahmen nuanciert ausfallen. Wenn eine Funktion ausnahmsweise stark dominiert, ist es also angebracht, spezifische Abstimmungen der Pflegeeingriffe zu definieren. Seit Schädelin (1938) verfolgte der Schweizerische Waldbau das Ziel einer möglichst hohen Wertschöpfung ohne Verzicht auf andere Funktionen und insbesondere auf die Natürlichkeit (bzw. Naturnähe) des Produktionssystems. Dieses Grundmodell eines naturnahen Qualitätswaldbaus. Seit Jahrzehnten wird also eine kombinierte Nutzung aller wichtigen Funktionen (Ressourcen) angestrebt. Heute ist das Prinzip der Multifunktionalität sehr breit anerkannt.

Veränderung der Bedürfnisse

Niemand ist heute in der Lage, sicher vorherzusagen, wie sich in Zukunft die an den Wald gestellten Bedürfnisse entwickeln werden und welche Sortimente z.B. in hundert Jahren gefragt bzw. honoriert sein werden. Die Erfolgsaussichten am Ende der Produktionszeit der heute vorherbestimmten Sortimente sind deshalb unsicher. Die Rechtfertigung der heute für die Waldpflege eingesetzten Mittel kann und darf sich deshalb nicht allein nur auf den wirtschaftlichen Wert der produzierten Sortimente am Ende der Umtriebszeit beziehen. Das finanzielle Risiko ist umso grösser, je mehr Mittel heute für die Waldpflege eingesetzt werden. Die Forstgeschichte und die Entwicklung der Holzwirtschaft zeigen uns aber, dass sich Substitutionen von Holzprodukten stets v.a. auf die minderwertigen Massensortimente ausgewirkt haben. Demgegenüber haben die besten Sortimente aufgrund ihrer technologischen Vorteile und ihrer relativen Seltenheit immer einen interessanten Absatzmarkt gefunden. Dieser Absatzmarkt war nicht immer derjenige, den man ursprünglich angenommen hatte. In diesem Zusammenhang wird gerne das klassische folgende Beispiel aus Frankreich erwähnt: Es handelt sich um die qualitativ hochwertigen Eichenbestände, welche im 17. Jahrhundert auf Weisungen von Colbert (Minister des französischen Königs Ludwig der XIV) angelegt wurden, um die zukünftige Holznachfrage der französischen Kriegsmarine zu stillen. Heute werden diese Bestände zu ganz anderen Zwecken, nämlich v.a. zur Produktion von hochwertigen Furnieren geerntet. Dabei ist der heutige Profit aber mindestens so hoch wie der ursprünglich erhoffte. Ferner stärkt uns auch das abnehmende Interesse für Tropenhölzer in der Überzeugung, dass die Produktion von qualitativen hochwertigen Sortimenten unserer vielfältigen einheimischen Holzarten eine Zukunft haben muss. Die verschiedenen Arten der Pflegemassnahmen lassen sich sinnvollerweise nur so weit, wie man auch die übergeordneten Ziele kennt, definieren. Weil sich nur im Falle einer hohen Wertschöpfung kostspielige Waldbaumassnahmen rechtfertigen und für andere Funktionen unter Umständen die Minimierung der Waldbaumassnahmen denkbar ist, ist eine Diskussion der Art der Produktion, bzw. deren Kombination, gerechtfertigt. Im Abschnitt 5.1 wird auf die teilweise grundlegende Infragestellung bzw. Änderungen der Produktionskonzepte eingegangen. Bezüglich Produktionsziel, ob wir die Produktion von Massenware oder einer hohen Wertschöpfung anstreben wollen, hat z.T. völlig andere Konsequenzen für die Waldbaukonzepte zur Folge. Massenleistung ist grundsätzlich das, was die Natur selbst liefert. Weil der Produktionsfaktor Zeit nichts kostet, wenn wir keine Investition in die Produktion einspeisen, beruht das billigste Holzproduktionsverfahren in der Realisierung der Endnutzung eines selbstgewachsenen Waldes. Um nur Massenprodukte zu erzeugen, drängt sich heute eine Minimalisierung der produktionsfördernden Mittel auf, wie z.B. die Durchforstung. Erzielung von Massenprodukten geht also nach dem Prinzip der Produktionskostenminimierung. Hingegen fundiert das Erreichen einer hoher Wertschöpfung auf dem optimalen Verhältnis zwischen Produktionskosten und Holzwertvermehrung.

Vom naturnahen Qualitätswaldbau zu einer polyvalenten naturopportunen Mehrzwecknutzung

Weil die Ökonomie sich je länger je mehr nach den Prinzipien der Kausalität verändern soll, d.h. unter Berücksichtigung der Verpflichtung für Folgewirkungen aus der Gewinnung der Ressourcen (Schelbert, 1996)<ref name="Schelbert">Schelbert H., 1996 : Wertvolle Natur. Was kann die Ökonomie zur Erhaltung der natürlichen Mitwelt beitragen? In: „Mensch und Natur. Festschrift zur 250-Jahr-Feier der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1746-1996“ (Redaktionskomm. Naturforschend. Gesellsch. Zürich, Schweiz eds.) : 40-46. Koprint, AlpnachDorf, Schweiz. </ref>, und dies sowohl in ökologischer wie in sozialer Hinsicht, dürfen weder Ökologie noch Ökonomie die Nutzungskonzepte zu einseitig prägen. Es geht also bei den heutigen Nutzungen der Waldressourcen darum, eine Multifunktionalität anzustreben, die unter gleichzeitiger Bewahrung der Interessen (bzw. der Rechte) der Eigentümer, sozial und ökologisch gerecht und tragbar ist. Somit lässt sich die Weiterentwicklung des Waldbaus in einem Feld von drei Grössen oder wichtigen Einflussfaktoren richtig verstehen, nämlich der Naturnähe, der Vielfalt (der Strukturen und Arten) und der sog. Hemerobie nach Scherzinger, (1996)<ref name="Scherzinger">Scherzinger W., 1996: Naturschutz im Wald. Qualitätsziele einer dynamischen Waldentwicklung. Ulmer, Stuttgart, 447 S. </ref> oder des Grades der menschlichen Beeinflussung.

Referenzen

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